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FriedrichSo, bevor ich mich schlagen lasse, schreibe ich doch noch mal ein paar Zeilen zu diesem blindfold test.
sehr schön, vielen dank!
Friedrich
Nr. 2: Uri Caine fällt mir ein, allein wg. der Virtuosität und der Tempos, aber den habe ich eigentlich witziger in Erinnerung.
genau, uri caine ist es nicht, der ist im für mich im nervigen sinn witziger.
FriedrichNr. 3: Toll ist, dass es keine Lead-stimme zu geben scheint, sondern die einzelnen Bläser-Sections quasi als gleichberechtigte Solisten auftreten. Aber das trifft es nicht ganz, denn sie wirken ja nicht individualistisch oder persönlich, im Sinne eines eigenen Tones. Funktioniert für mich auch eher über die Struktur als über die Individualität, die Soloparts finde ich weniger interessant. Eigentlich etwas, das typisch latin ist, hier ist das aber noch mal etwa anders stilisiert. Habe fast überhört, dass es überhaupt ein Piano gibt. Trägt wohl die Handschrift des Arrangeurs.
der arrangeur und leader gehört hier aber, soweit ich weiß, zu den solisten.
FriedrichNr. 4: Habe ich auch schon erkennungsdienstlich behandelt und den Kreis der Verdächtigen erfolgreich einschränken können. Es ist Sun Ra mit Pat Patrick am Bari-Sax. Pleasure, ursprünglich von der LP Other Planes of There von 1964 (veröffentlicht erst 1966) Ich kenne das von einer amüsanten Sun Ra Greatest Hits. Eigentlich bloß ein kleines Kuriosum, aber ich finde das hübsch! Wieso hat vorgarten gerade dieses Stück ausgewählt?
natürlich, weil es toll ist! ich mag diese intime atmosphäre sehr, das flirrende und unbestimmte – auch dass das kein bigband-stück ist, sondern ein ganz ausgedünntes quartett. und natürlich wegen pat patrick, den ich hier überragend finde. nachdem gilmore ja endlich rehabilitiert scheint und endlich aus dem sun-ra-schatten herausgetreten ist, ist die kanonische jazzwahrnehmung bei patrick wohl noch nicht soweit, ihn als einzigartige stimme wahrzunehmen. für solche leute tut ja ein marsalis nie etwas…;-)
FriedrichNr. 5: Die Band wirkt mir etwas zu professionell aber die Sängerin versprüht einen verlockenden Lolita-Charme. Das gefällt mit natürlich! In Laufe des Stückes wird sie aber sehr schön erwachsen und selbstbewusst. Aber das ist eine Lolita eigentlich sowieso. Gefällt mir.
diese wahnsinnsband besteht aus lauter individualisten, klingt aber durch die produktion sehr glatt. komisch, dass man das hier durchgehen lässt.
FriedrichNr. 6: Bei den ersten Klängen der Stimme dachte ich an Helen Merrill, das klingt so kühl und sophisticated. Aber dieser Eindruck verflüchtigt sich schnell, die Stimme wirkt dann doch extrovertierter und spritziger. Aber auch sehr kultiviert. Eine Mischung aus hellen Merrill und Abbey Lincoln? Gefällt mir, Bar Jazz im besten Sinne.
ich finde, sie hat nichts von abbey und ist auch noch weniger dramatisch als helen merrill. ich weiß gar nicht, wo bei ihr das tönesingen auffhört und die interpretation anfängt. trotzdem ist das hier in der tat alles sehr stimmig.
FriedrichNr. 7: Sehr perkussiver und lebhafter Anschlag. Bud Powell ist es nicht, steckt aber knietief im Bop/Hardbop. Ich würde sagen, ein tightly knit Pianotrio, das mir Spaß macht. (Durch Zufall habe ich rausgefunden, wer das ist, sag’s aber nicht, da ich es nicht selbst erkannt habe)
das haben ja „durch zufall“ alle irgendwie rausbekommen. können wir auflösen, oder?
FriedrichNr. 8: Schönes Mainstream-Stück mit einer schönen Instrumentierung. Finde ich gefällig, wenn auch nicht wirklich herausragend. Keine Ahnung, wer das ist
Eigenartig, dass gerade du einen der Herren hier nicht erkennst…
FriedrichNr. 9: Das ist natürlich Giant Steps. Sehr dichtes Spiel, funkelnd und berauschend. Der Urheber der Komposition und auch das nicht gerade sparsame Spiel legen natürlich Alice Coltrane als Interpretin nahe …
ja, das ist mittlerweile richtig identifiziert, alice coltrane zu gast bei marian mcpartland. soviel zu den „distinguierten herren“.;-) das album ist insgesamt sehr schön, obwohl sich die damen nichts zu sagen haben (ganz schlimme gespräche, die aber auf der lp enthalten sind). beide spielen natürlich viel coltrane und das ist bei beiden sehr berührend und verschieden. hier kriegen sie zusammen was hin, vermischen sich diese sehr unterschiedlichen stile zu etwas eigenem. kennt jemand die „piano jazz“-folge mit keith jarrett? die stelle ich mir auch ziemlich schräg vor…
FriedrichNr. 10: Mir gefällt der verhaltene Einstieg, der erstmal ein bisschen Spannung aufbaut, bis die Drums einsetzen und Stück langsam in Schwung kommt. Sehr schön zartes Sax, irgendwo zwischen Stan Getz und Paul Desmond. Ist aber viel jünger das Stück. Daumen hoch. Wieso gefällt Euch das Sax nicht?
weil so ein sax heute auf der musikhochschule gelehrt wird? (glaube ich). andererseits lässt er mich auf anderen platten des leaders auch immer wieder mal aufhorchen. vielleicht tue zumindest ich ihm unrecht.
FriedrichNr. 11: Das E-Piano ist recht ruppig , das finde ich etwas ungewöhnlich und interessant.
um das ging es mir eigentlich. ist aber auch keine wirklich sternstunde von ihm.
FriedrichNr. 12: Schon als Remix von Herbie Hancocks Actual Proof identifiziert. Wer das geremixt hat, kann ich natürlich nicht sagen. Finde ich klasse! Das ist heißer Scheiß, macht mich ganz zappelig. Ich kann es in keiner Weise gutheißen, dass dieses Stück von der Jazzfraktion hier so vehement abgelehnt wird! Ich habe vergessen, den Bassisten zu nennen: Paul Jackson. Und die Synthie-Sounds sind natürlich obercool!
korrekt ist das noch gar nicht, deshalb mal für alle, die zu lustlos sind, um mal in die hancock-diskografie zu schauen: es ist das stück 2 von hier, dem wohl obskursten seiner soundtracks. offensichtlich wurde er nie veröffentlicht, bis jemand auf die idee kam, von der tomspur einer vhs einen bootleg zu ziehen und das dann auf lp zu veröffentlichen. dieses stück (absurderweise „reprise“ genannt) klingt sher viel besser, weil es aus dem material der THRUST-session kommt. ich mag diese version hier aber sehr viel lieber, wie ich überhaupt THRUST geschwätzig und unstimmig finde: ein groove-album mit furchtbar langen stücken, über die dann alle mal solieren? – hmmm. wenn’s um den groove und kurze solo-akzente geht, ist man hier besser aufgehoben. und der groove ist schon toll.
Friedrich
Nr. 14: Ich vermute, dass das eher jüngeren Datums ist.
das ist eine richtige vermutung.
FriedrichNr. 15: Grausam! Der Groove, den Drums und Bass legen, hat was, bloß wieso jemand irgendeinen hölzernen Sax-Track da drauf pappt, verstehe ich nicht. Und dieses völlig unmotivierte Scratching hört sich für mich wie der hilflose Versuch, sich dem Hip Hop an den Hals zu werfen an. Erheblich weniger als die Summe seiner Teile.
soviel zum thema „fiese subjektive kommentare“! ich finde es grandios, was der drummer hier mit seiner hihat macht, überhaupt ist das unglaublich lässig gespielt, obwohl von der anlage her sehr „ausgedacht“. aber ich habe nichts dagegen, wenn sich musiker mal gedanken machen und kompositorische ambitionen haben. aber nichts gegen eure z.t. wohlbegründete ablehnungen – zumindest redbeans hat für sowas ja ein freies ohr…
Friedrich
Nr. 16: Das versöhnt mich wieder. Sehr elegant gleitender Groove, sanfte, träumerisch klingende Trompete. Den Bass finde ich in seiner monotonen Art auch sehr schön. Könnte bei diesem Stück stundenlang versonnen zum Fenster rausschauen. Merke gerade, dass es gar kein Piano gibt. Fehlt mir aber auch nicht im Geringsten. Der Bass trägt das Stück. Dass der Trompeter nicht Dave Douglas ist, wurde schon gesagt, oder?
ihr immer mit eurem dave douglas… nein, das ist jemand anderes.
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