Re: ROLLING STONE August 2011

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werner
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tolomoquinkolom Diese Argumentation kann ich durchaus nachvollziehen, teile sie aber nicht. Das Wesen eines Protestsongs ist Propaganda, ist Information, ist ein starker Bezug zu Vorgefallenem. Nicht ohne Grund nannte Phil Ochs seine Songs “topicals”. Er reagierte mit ihnen auf reale aktuelle Ereignisse. Abstraktionen machen hier keinen Sinn, denn der direkte Zusammenhang ginge verloren, sublimes würde in Beliebigkeit enden. Freie Interpretationen passen nicht zu Protestsongs, die im Grunde ja mit ihren Texten Sachverhalte zu erklären und nicht zu abstrahieren versuchen.
).

Dieser direkte Zugang zu einem abgegrenzten Thema war ja z. B. auch das Problem der DDR-Kunst, besonders der Malerei. Oder die „Kunst“ des 3. Reiches. Je direkter oder explizit politisch ein Werk sein will, desto eher überschreitet es die Grenze von der Kunst zur Propaganda. Wenn sich Ochs als Klassenkämpfer sah, war er politisch motiviert, aber inwieweit war er dann noch Künstler. Die politischen Aussagen z. B. in White Boots… könnten auch auf einem Transparent stehen, das man bei einer Demo vor sich herträgt.
Nehmen wir nun Dylans Hard Rain’s gonna fall: Hier handelt es sich um ein Thema, das durchaus nicht zeitgebunden ist/war, sondern eines, das uns immer weiter begleitet. Ein John Lennon Song über Attica ist heute nicht mehr hörbar, da diese Sache total zeitgebunden war, Dylan gelingt es (auch im gegensatz zum frühen Ochs) seine Themen zu transzendieren, das heißt, die Inhalte zu „retten“, indem er sie so abfaßt, dass sie immer noch/immer wieder brisant sind. Und das halte ich keineswegs für Verwässerung bzw. denke nicht, dass sie das „unverbindlich“ macht: Ganz im Gegenteil, ihre Relevanz gewinnen sie unter anderem aus der Zeitlosigkeit.

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