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Hörbericht #6
Bags Meets Wes (Riverside, 1961) – Im Dezember 1961 fand eine weitere Zusammenarbeit Jacksons mit einem anderen grossen Jazzmusiker statt: Wes Montgomery. Am Piano war wie schon mit Cannonball Wynton Kelly dabei, Bass und Schlagzeug spielten Sam Jones und Philly Joe Jones. Mit dieser tollen, in schnellen Stücken explosiven Rhythmusgruppe, ist der Kontrast zum etwas verschlafenen UA-Album schon im Opener „S.K.J.“ deutlich zu hören, es gibt aber auch Raum für lyrische Balladen („Stairway to the Stars“). Jackson ist ja schliesslich ein grosser Balladen-Interpret… aber er klingt hier auch pointierter als etwa auf „Ballads and Blues“ oder eben auf „Bags Opus“. Mit „S.K.J.“ und „Sam Sack“ von Jackson sowie Montgomerys „Blue Roz“ sind auch hier die Blues-Nummern in der Überzahl, daneben hören wir Montgomerys „Jingles“, Benny Golsons „Stablemates“ (das damals schon dran war, ein Standard zu werden), die erwähnte Balldeninterpretation von „Stairway to the Stars“ und als Closer eins meiner Lieblingsstücke, Victor Youngs „Delilah“. Die Rhythmusgruppe agiert vorzüglich – aktiv und aufmerksam und sehr swingend und satt. Die ideale Begleitung für Montgomery und Jackson, die beide den extra push von Philly Joe gut gebrauchen können. ****1/2
Ich besitze die alte OJJCD-Ausgabe mit zehn Stücken (Alternate Takes von „Stairway“, „Jingles“ und „Delilah“, die ärgerlicherweie jeweils direkt nach den Master Takes programmiert sind), es gibt mittlerweile auch eine Ausgabe in der Keepnews Collection, in der zudem ein Alternate Take von „Stablemates“ zu hören ist – aber mir reicht die alte CD bestens.
Invitation (Riverside, 1962) – Kurz bevor das Label schliessen musste, stiess Jackson also auch noch zu Riverside… neben dem Album mit Wes Motgomery und den oben schon kurz erwähnten „Big Bags“ und „For Someone I Love“ entstand auch noch „Milt Jackson Quintet ‚Live‘ at the Village Gate“, das ich noch nicht kenne, auf dem aber auch Jimmy Heath mitspielt.
„Invitation“ ist mit einer sehr tollen Band afugenommen worden: Kenny Dorham, Jimmy Heath, Tommy Flanagan, Ron Carter und Connie Kay, sowie auf zwei Stücken Virgil Jones, der an Heaths Stelle tritt und eine 2-Trumpet-Frontline mit Dorham bildet (Jones‘ einziges Solo ist das an zweiter Stelle in „Poom-a-Loom“). Trotz der feinen Band fehlt dem Album aber etwas die Konsequenz und wohl auch der Biss, den Leute wie Philly Joe Jones, Art Blakey, Kenny Clarke, Cannonball Adderley oder Wynton Kelly anderen Alben von und mit Jackson geben konnte.
Schon im Titelstück schleicht die Rhythmusgruppe träge dahin… Kay konnte kicken, er hatte vor er zum allbekannt zahmen MJQ-Drummer wurde, in R&B Bands gespielt und das hört man auch immer wieder, aber vielleicht war er für viele dieser Jackson-Sessions einfach nicht die beste Wahl. „Too Close for Comfort“ ist lebendiger und charmant arrangiert. Dorham spielt ein schönes Trompetensolo mit Dämpfer, Flanagan folgt mit einem schönen linearen Solo, Carters Bass ist stark (und Virgil Jones in der Präsentation des Themas zu hören, während Heath hier aussetzt). Weiter geht’s mit Monks wunderbarem „Ruby, My Dear“ (auf der OJCCD in zwei Takes zu hören), einer viel zu selten gehörten Ballade, in der einmal mehr Jacksons grossartiges Können in diesem Fach deutlich wird.
Es folgen einige neue Originals: In Jacksons mittelschnellem „The Sealer“ spielt Heath ein schönes Tenorsolo, „Poom-a-Loom“ (von Jackson) ist dann die zweite Nummer mit Virgil Jones an Heaths Platz, Dorham spielt das erste, Jones das zweite Trompetensolo. In „Stella By Starlight“ glänzt erneut Heath am Tenor, die Rhythmusgruppe kriegt das langsam-walkende Tempo hier bedeutend besser hin als in „Invitation“… und nach Heaths Solo folgt eine unbegleitete Passage von Jackson, bevor das Stück ausklingt (Dorham setzt hier aus). Es folgt „Ruby“, wie „Stella“ und das Titelstück aus Hollywood – eine weitere schöne Ballade für Jackson mit auffälliger Bass-Begleitung von Ron Carter. Zum Abschluss hören wir dann Kenny Dorhams Original „None Shall Wander“ (auf der OJCCD in zwei Takes zu hören), ein walkendes lyrisches Stück mit starken Soli von Heath und Latin-Rhythmen von Kay (auch unter Dorhams Solo) – ein sehr stimmungsvoller Abschluss.
Heath ist wohl der stärkste Solist neben Jackson, der Gesamteindruck bleibt aber eher durchzogen… ich gebe aber ***1/2, einen halben mehr, als aus der Erinnerung.
Morgen folgen wohl nochmal 2-3 Posts und das war’s dann mit meinen Milt Jackson Alben…
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