Re: "Django Unchained" – der neue Tarantino

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Ja, klar, alles offtopic. Falls jemand verschieben will, okay – aber ich möchte da gerne nochmal nachfassen.

Stormy Mondaydann ist dieser Vernichtungswille, gespeist aus Jahrhunderte altem Neid, der sicher manchmal auch Gründe hatte (Viehjud und Bankjud als Verkürzung), doch nur aus Machtgier und Habgier entstanden. Wie bei den Conquistadores in Südamerika.

Okay, ich verstehe, was Du meinst, überzeugender Gedanke. Aber war das, was in den Silberminen von Potosi und anderswo stattfand, Vernichtungswille? Oder einfach nur brutalstmögliche, barbarische Ausbeutung, die Vernichtung billigend in Kauf nahm? Während es beim Holocaust letztendlich um die Verwirklichung eines Vernichtungswillens ging, bei der brutalstmögliche, barbarische Ausbeutung sozusagen ein Kollateralnutzen war? So einleuchtend ich Deine Herleitung von Rassismus aus Hab- und Machtgiermotiven finde – im Holocaust ist das selbstzweckhafte Ausrottenwollen am Ende abgekoppelt von, zynisch ausgedrückt, „Vernunft“-Erwägungen wie Gewinnstreben oder Machtsicherung, womöglich gar kontraproduktiv. Das habe ich in meinem Ursprungspost gemeint. Oder besser und kürzer in Lathos alles auf den Punkt bringenden Worten:

lathoWenn mit dem Holocaust gar nichts zu verdienen gewesen wäre, hätte er doch stattgefunden.

Ich fürchte, das stimmt. Aber wenn so etwas aus reiner Hab- und Machtgier geschähe, ohne jede rassistische Grundierung – wäre es dann „weniger schlimm“? Nachvollziehbarer? In Ansätzen entschuldbar? Ist Millionenmord als Hab- oder Machtgier besser oder schlechter als Millionenmord aus Rassenwahn? Diese Frage habe ich weiter oben „akademisch“ genannt, was vielleicht ein doofer Ausdruck ist, denn letztlich ist sie für mich moralisch irrelevant: Ich habe keine Lust, zwischen dem Archipel Gulag und dem KZ-System großartig moralische Abstufungen und Feinstdifferenzierungen vorzunehmen, ich kann nicht angesichts der vollkommen unbegreiflich bizarren Dimensionen dieser Menschheitsverbrechen sagen, das eine sei ein bisschen weniger schlimm gewesen.

gypsy tail windIch glaube nicht, dass die Vernichtung der europäischen Juden in dem Ausmass, wie sie dem „Dritten Reich“ gelungen ist, möglich gewesen wäre, wenn sie nicht in geradezu beängstigender Weise rational geplant und umgesetzt worden wäre.

Selbstverständlich. Penible Erfassungs- und Planungsbürokratie, Zusammentreiben, Transportlogistik, Selektion, quasi-industrielle Tötungseffizienz: In dieser unerträglichen, nüchternen Zweckrationalität bei der „Durchführung“ der „Endlösung“ liegt der Einzigartigkeitskern des Holocaust. Den irrationalen Überschuss sehe ich in dem Unterfangen selbst, in seiner Motivation.

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