Re: 24.04.2011

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santander

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Wolfgang DoebelingWährend The Smiths und The Imposter im TV nicht existierten, im Radio allenfalls spätabends.

In Berlin gab es in dieser Zeit eine Ausnahme, Wolfgang, zumindest was The Smiths betrifft – da konnte man sie auch tagsüber im Radio hören, nämlich mittwochs zwischen 14.35 Uhr und 15.30 Uhr auf RIAS 2 in „Zeitklang“ – der bekannten Sendung von Burghard Rausch, der später nach Bremen gegangen ist. Es war diese Sendung, in der ich „Hand In Glove“ und „This Charming Man“ zum ersten Mal hörte.
Ich vergesse ja eigentlich nie meine Quellen und diese Quelle erst recht nicht, weil mir nämlich durch die Sendung, in der Rausch regelmäßig die aktuellen britischen Independent Charts präsentierte, allmählich dämmerte, dass es irgendwie neben oder hinter der Musik, die ich bis dato gehört hatte, noch etwas ganz anderes gibt – eine andere, größere Welt, nicht nur die Welt der Independent Labels, sondern eine völlig andere Musikwelt, die sehr faszinierend war. Später kamen dann natürlich noch weitere Sendungen dazu, in denen mein Horizont erweitert wurde, aber in „Zeitklang“ hörte ich so etwas zum ersten Mal – Gregor Rottschalk und Lord Knud hatten mir das doch glatt vorenthalten! Nun, ich war auch noch sehr jung.
Engere Freunde aus meinem Umkreis mochten The Smiths übrigens ebenso auf Anhieb, auch sie hatten sie in „Zeitklang“ gehört – insofern ist es schön zu lesen, dass wir wohl dann bereits in sehr jungen Jahren eine kleine „aufgeklärte Minderheit“ darstellten, die das zeitnah würdigte (ohne sich allerdings die Singles kaufen zu können). Ähnliches könnte ich auch über P.I.L. schreiben, aber The Smiths mochte ich mehr. „Markerschütternd“ war die Wirkung von „This Charming Man“ bei mir zwar nicht, aber eben äußerst faszinierend, eine Wirkung, die sich bis heute substantiell durchhält. Es gab einen Impuls, den man umschreiben könnte mit: „Mein Gott, ist das toll – ich brauche alles von dieser Band und ich muss auch alles über diese Band in Erfahrung bringen.“
„Every Breath You Take“ mochte ich allerdings auch sehr, mehr noch: Es war meine unumstößliche Nummer 1 dieses Jahres, insofern ging ich mit den American Top 40 konform (soweit ich mich erinnere). Auf lange Sicht, über viele Jahre hinweg gesehen aber obsiegte letztlich die substantiell bedeutendere Band: The Smiths.

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