Re: blind fold test 3 – redbeansandrice

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gypsy-tail-wind
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#1 – Grossartig! Alte Schule, Webster via Hawkins… aber ein paar der kleinen Tricks und Kniffs lassen auf einen etwas jüngeren Musiker schliessen. Denke nicht, dass ich von der Auflösung überrascht sein werde, bin mir aber nicht sicher, wer das am Ende sein könnte. Nicht Hawkins selbst in einer 50er oder frühen 60er Aufnahme? Schönes Getrommel, toller Groove – nicht einfach, in diesem langsamen Tempo dermassen zu grooven!

#2 – Nehme an, das Stück heisst „Blue Echo“… aber damit komm ich nicht weiter. Ein seltsames aber sehr charmantes Zwitter-Ding… Mainstream Big Band aus den 40ern wohl, mehr als eine Prise Kenton in Bläser-Arrangements… oder ist er das sogar, irgendwo um das Innovations Orchestra herum? Schön, wie das Barisax röhrt. Sentimentaler Kitschgesang, süsse Saxophone in der besten Don Redman/Benny Carter Crème-Tradition… come to me, and together we can stroll in the stardust… ja ja, genau… dann das Posaunensolo… wer hat von diesen alten Leuten so gespielt? Dorsey? Tenor erinnert etwas an Don Byas (die Sonorität) und natürlich wieder Hawkins (die Linienführung, das Ausspielen der Harmonien).

#3 – Das hier sind eben die „gossamer wings“… „Just One of Those Things“. Habe meine liebe Mühe, den Pianisten einzuordnen… finde das bei Solo-Piano-Aufnahmen oft sehr schwer, weil es eben schon bei Tatum oder auch bei Teddy Wilson durchaus schon sehr avancierte Ideen gab und auch Bud Powell hat mal „blumig“ gespielt… ich denke aber eher, dass das hier eine Generation vor Powell ist?

#4 – Das Arrangement lässt mich mal ans Zorn-Umfeld denken… melancholisch die Trompete, das Arrangement mit dem Marimba und der Gitarre schrammt hart am Kitsch vorbei. Keine Ahnung ob Zorn und Dave Douglas jemals sowas gemacht haben, da kenn ich mich noch nicht besonders gut aus. Schön, wie die Gitarre in der Begleitung des Marimba-Solos etwas fragmentierter wird… Tenorsax klingt vertraut, aber auch da kann ich keinen Namen nennen.

#5 – Auch der Tenorsaxer hier klingt bekannt. Sehr schöner Ton, toller Bass. Das höre ich als zweite Hälfte der fünfziger Jahre, klassischer Hardbop-Beat, sehr relaxed. Auch hier wag ich noch keine Namen, dachte aber mal an Clifford Jordan, dessen Ton aber eher etwas satter, grösser und schroffer ist.

#6 – Das hier ist ein sehr elaboriertes Arrangement, nehme aber an es stammt auch aus den Hardbop Jahren… das Piano irritiert mich allerdings ein wenig. Die Trompete ist grossartig, diese leicht vokalisierten Phrasen, der klagende Ton. Diese Aufnahme, da bin ich mir jetzt ausnahmsweise (wie bei #1) ziemlich sicher, kenne ich nicht. Die Trompete gefällt mir auch im Solo sehr gut. Geht zwar in die Höhe, spielt viele schnelle Läufe, verliert aber nie den leicht brüchigen Ton und lyrischen Charakter. Tenor klingt stark nach Coltrane, fast ein wenig zu stark. Das Piano irritiert mich immer noch, auch beim comping. Das Zitat ist ein wenig lahm (auch Coltrane-bezogen, krieg’s grad nicht hin, was das ist, etwas von „Soultrane“?). Das Piano-Solo ist… nun ja, interessant, die rhythmischen Akzente und Verschiebungen… bin hier ziemlich ratlos, was das sein könnte, würde aber gerne mehr davon hören! (Hier dachte ich mal an Wayne Shorter… aber der wäre wohl nie so nahe an Coltrane geblieben.)

#7 – Nochmal… „Just One of Those Things“, diesmal im Trio. Kommt mir bekannt vor… die Passage (das Zitat?) bei 1:20 etwa. Der Bassist ist öde und kommt grad knapp mit dem Tempo mit, die Drums sind auch öde… aber was will man bei diesem Eiltempo schon… noch rasch ein wenig „No Moon at All“… das Piano ist toll, fraglos, aber Solo wär wohl irgendwie ehrlicher gewesen, die Begleitung scheint mir hier eher ein Klotz am Bein als eine Stütze… och, Kuhglocke… nun ja, die Fours der Rhythmiker sind auch nicht grad berauschend, obwohl, es swingt schon. Auch hier gilt, was ich zu #3 schon schrieb: könnte ein Bopper sein oder auch jemand aus einer früheren Generation. Tippe eher hier auf älter und bei #3 auf den Bopper, bin mir aber keineswegs sicher, es gibt auch hier Momente, die neuer, modernen klingen.

#8 – Das hier ist zwar wieder Kitsch, aber ich liebe es! Zwei Altsaxophone, hübsch gesetzt, und ein solides Tenor mit einer guten, schnörkellosen Rhythmusgruppen. Über den Altsaxer müsste das noch am ehesten zu identifizieren sein, denke ich? Klar Parker-geprägt, aber der Ton etwas leichter, luftiger, eine Spur bittersüsslicher… Gigi Gryce ist es nicht, Sonny Criss wohl auch eher nicht… könnte aber auch aus der „black California“ Ecke kommen? Das Bläser-Arrangement erinnert jedenfalls durchaus auch an den kalifornischen Jazz Mitte der 50er. Das Tenor ist ein wenig altmodisch, solide, sehr schöner Ton – wohl auch jemand, den ich erkennen sollte… das Bass-Solo ist sehr unspektakulär… Leroy Vinnegar hätte wohl einen satteren Ton gehabt (oder wäre im Contemporary-Studio schöner eingefangen worden), tolles Stück, sehr „cute“, aber gefällt mir!

#9 – Schludrigste Themen-Präsentation ever von ‚Round Midnight? ;-) Wunderbar, wie dennoch sofot klar ist, was für ein Stück sie spielen! Die naheliegenste Assoziation wäre ja Tony Fruscella, aber der hat das Stück nie aufgenommen, oder? Und der Ton hier ist auch zu stark und kraftvoll, zuwenig brüchig. KD ist es auch nicht… keine Ahnung, was das ist, aber die Atmosphäre ist grossartig. Schön auch die Übergabe ans Tenorsax… der kommt aus der Presz-Schule im weitesten Sinne… Dürfte auch aus den 50ern sein. Auch hier würde ich sehr gerne mehr hören! Glaube auch nicht, dass ich diese Aufnahme kenne!

#10 – Wunderbares Altsax hier! Noch weicher als das in #8, aber aus einer ähnlichen Ecke, vermute ich. Seltsames Arrangement… kommt das aus der John Graas-Ecke oder so? Irgendwie ein wenig avanciert, aber auch nicht so richtig. Mehr auf Effekt aus, als dass es mich wirklich reinziehen würde. Auch das Barisax ist mehr funktional als wirklich gut, aber das Altsax, das ist super! Auch das hier eine mir ziemlich sicher unbekannte Aufnahme.

#11 – Das hier ist sehr seltsam, lässt mich an Tim Berne denken und auch wieder an Zorn… sind das zwei Drummer oder ist das ein bekloppter Mix? Der E-Bass gefällt mir nicht so recht, wohingegen die Melodie sich langsam ins Gedächtnis einschleicht. Kommt das hier aus der Zorn/Tzadik/Masada-Ecke? Ausser dem tollen Altsax ist hier eher wenig zu holen für mich, der Groove ist sehr gut, aber der Bass stört mich viel zu heftig, spricht mich einfach nicht an im Gesamteindruck.

#12 – Das hier ist jetzt aus den 60ern… und ich hab stark das Gefühl, dass ich das kennen müsste. Grossartig, wie der Drummer die Gruppe antreibt. Ist das Joe Henderson? Toll die Sonorität, auch in den schnellen Passagen des Solos. Trompete ist übrigens auch super! Sehr tolles Stück… muss endlich mal die Milestone-Box richtig hören… wirklich klasse! Das hat diesen offenen, etwas avancierteren Groove gewisser Blue Note Alben so ab 1960.. hm, aber nein, von Henderson gibt’s nichts passendes, jedenfalls nicht als Leader.

#13 – Endlich die Orgel, wurde ja auch Zeit! :-)
Sehr schönes Tenorsolo, alte Schule – das hier dürfte auch keine Überraschung sein, aber ich bin verdammt schlecht im erkennen von Organisten. Schlanker Sound, da ohne Gitarre, das bekannteste Album in dieser Besetzung ist wohl Larry Youngs „Unity“, aber von dort ist nicht… dazu ist die Orgel eine Spur zu altmodisch. Ist das von einer der Big John Patton Sessions aus dem Mosaic Select, die ich noch nie angehört habe? Oder doch eine Spur älter?

#14 – Hier sollte ich zumindest den Standard erkennen… die Orgel ist diesmal älter, Johnny Hammond oder so? Tenor ist erneut super… „That Old Feeling“? Das Zitat von „A Tisket, A Tasket“ ist auch old-school… ebenso der Shuffle Beat. Macht Spass! Der Organist zitiert dann auch noch ein par Sachen… zieht ein paar mehr Stops für einen beinahe Shout-Chorus, der Drummer kickt noch mehr, fast schon, als triebe er eine ganze Big Band…

#15 – Yowzah! Da lacht die Seele und alles grünt! Quasi das Pendant zu Kirk im Orgeljazz… der Groove könnte einfach endlos weiterlaufen… ein schöner Closer! Und neben #4 und #11(?) wohl das neuste hier?

Vielen Dank für diese sehr tolle Zusammenstellung! Ich nerv mich, dass ich nichts erkenne, obwohl vieles sehr vertraut klingt – das mag auch an der relativ engen Bandbreite der Auswahl liegen… und daran, dass ich die Musik bisher zwar schon dreimal gehört habe, aber leider noch nie mit ungeteilter Aufmerksamkeit.

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba