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Also, nächster Versuch… ich füge mal die Titelnummern wieder ein – wird sonst (wie oben schon) mit der Zeit verwirrend!
#1
vorgartentut mir leid, wenn das hier für dich ein ungewollter ohrwurm wird! ich hänge nicht wirklich an diesem stück, obwohl ich es mag – es sollte ein opener sein und hat mit etwas zu tun, was hier vor einiger zeit ein größeres thema war.
jedenfalls: du ordnest das stück und die beiden saxophonisten zu spät ein. am nahesten am zeitpunkt der aufnahme bist du mit deiner bemerkung über die bass-aufnahmemode. diese ganzen neokonservativen tenoristen tauchen hier nicht auf; das ist im einen fall ein seit-eh-und-je-traditioneller, der allerdings in einigen historischen modernen aufnahmen mitgespielt hat, auf die fast jeder jazzfan irgendwann stößt. danach hat er (fast bis heute, er lebt auch noch) auf kleinerer flamme genauso weitergespielt wie er hier zu hören ist. der andere ist ein paar jahre jünger und spielt hier gezähmter als man es von ihm gewohnt ist. und der drummer ist einer, keine zwei! noch dazu einer, der nun wirklich nicht allzu komplex spielt (was ich nicht negativ meine, er hat auch einen sehr guten ruf)…
ob RVG überschätzt ist, kann ich nicht gut beurteilen. dass andere ihm gegenüber zu unbekannt geblieben sind, stimmt sicherlich. in dem jahrzehnt dieser aufnahme hat er aber auch ganz schöne sachen aufgenommen – kürzlich hatten wir uns mal über abdullah ibrahims NO FEAR NO DIE unterhalten…
Da Du von historischen Aufnahmen sprichst… Jimmy Heath? Glaub ich zwar nicht, aber unter den „grossen“ Tenorisiten, die in den 50ern gross wurden, ist er wohl jener, der mich am kältesten lässt, und das würde passen.
Du erwähnst RVG… ist das von einem dieser Muse-Alben aus den späten 70ern oder frühen 80ern? Houston Person war dort wohl der am häufigsten aufenommene Tenorsaxer, aber der ist es natürlich erst recht nicht! Tenor Battle-Alben gab’s dort von Willis Jackson & Von Freeman und von Teddy Edwards & Houston Person – hab ich beide, von denen kommt das hier eindeutig nicht!
Hab das Stück mittlerweile so oft gehört, dass ich mich dran gewöhnt habe und es gar nciht mehr so schwach finde…
#2
vorgartenoh je, hier wird dem armen drummer aber wirklich unrecht getan. gerade er gilt (oder galt zumindest lange) als legitimer nachfolger der großen swing-drummer (elvin jones dürfte sein absoluter held sein). hier ist er allerdings auf ungewohntem terrain. viele werden nicht wissen, dass er mal mit diesem saxophonisten zusammengespielt hat (da treffen eigentlich verfeindete welten aufeinander, würde man den feuilletons glauben). aber auch den saxophonisten haben viele ganz anders abgespeichert – und genau sowas nervt mich, weil musiker manchmal aus diesen schubladen nicht mehr rauskommen, egal, was sie machen. ich finde dieses stück für ihn alles andere als untypisch, auch seine spielweise hier ist mir total vertraut. das stück hat er natürlich selbst komponiert.
und – das ist doch kein tenor, gypsy! ich habe mich hier wirklich bemüht, wenigstens dadurch abwechslung zu schaffen, dass ich auch mal ein alt dazwischenstreue!
Zu diesem Stück hatte ich enen langen Kommentar geschrieben. Dass das ein Altsax ist, ist natürlich klar, wenn man’s erstmal weiss
Betreffend des Drummers herrscht da ein wenig Verwirrung: grosse Swing-Drummer sind Leute wie Jo Jones, Gene Krupa, Buddy Rich, Louie Bellson, Shadow Wilson etc. Elvin Jones gehört auch bei den „modernen“ schon zur zweiten Generation (die erste wären Roach, Klook, Blakey, Haynes).
Jedenfalls hab ich gestern dieses Stück noch zwei oder sogar dreimal gehört und der Drummer fing mir an zu gefallen… der Trend zieht sich heute beim ernueten Hören weiter.
Die Bemerkung zum Drummer und zum Saxophonisten hat mich in die Richtung Marion Brown mit Art Taylor oder Noah Howard mit Kenny Clark gebracht, aber so alt ist der Drummer hier nicht. Ich wüsste natürlich sehr gerne, wer das ist, aber wenn’s nicht die schon mehrmals genannten sind (Lake, Threadgill, Hemphill etc) dann bin ich ratlos.
Die Stelle um 4:32 oder so mit der ansteigenden Linie mit Mikrotönen find ich besonders bezaubernd, die wollte ich schon in meinem ursprünglichen Kommentar erwähnen!
Wunderbares Stück! Für mich klar eins der Highlights! Bin sehr auf die Auflösung gespannt!
#3
vorgartenpeter evans … vielleicht sollte man noch ein paar jahre bei ihm warten, bis er „warm“ wird.
Ja, Evans sollte man in den nächsten Jahren ganz bestimmt beobachten! Ich hoffe, bald mal wieder Gelegenheit zu haben, ihn live zu hören – bisher hab ich ihn verpasst wenn er in Zürich war.
#4
vorgarten„singend“, das ist hier der punkt! meinetwegen auch altmodisch… obwohl das im ganzen bft die aktuellste aufnahme ist (gerade erst erschienen). mit murray und ware ließe er sich gerne vergleichen, glaube ich. mit einigen ihrer mitspieler ist er schon aufgetreten. mit william parker zum beispiel – der ist hier allerdings nicht zu hören. aber auch dieser bassist hier war mal teil des cecil-taylor-kosmos. den schlagzeuger mag ich sehr, weil er (ähnlich wie rahied ali) einen ganz verqueeren, nicht triolischen swing hat.
Hier wollte ich bloss mal cheekily nachfragen, ob das denn der Willi Kellers ist, der hier trommelt? Oder doch Reggie Nicholson oder Tony Buck? Du wiesst, worauf ich hinauswill…
Jedenfalls das nächste Highlight – auch wenn ich dabei bleibe, dass das gegen Ende etwas ausfasert.
Die Kirk-Phrase, die ich meine ist übrigens bei 0:54 auch schon halbwegs zu hören. Sie buat sich dann ab 9:00 auf und ist bei 9:08 ganz da… ist kaum eine gewolte Referenz, mehr ein unbewusste, in der frei-fliessenden Improvisation entstandene, nehme ich an.
#5
vorgartendas ist nicht das parker quartet. obwohl ich lewis barnes sehr mag, würde der niemals so spielen. das ist auch gar keine trompete hier… und diesen schlagzeug als „hip“ in deinem sinne zu bezeichnen, wird dir noch leid tun! der bassist ist für mich hier auch der aufdringlichste, ist aber eine live-aufnahme und ein bisschen unfertig ausgesteuert. den altsaxophonisten (der hier auch komponiert hat und nur das thema mitspielt) kennst du, aber das hilft hier natürlich gar nicht. ich gebe mal den zweiten wichtigen hinweis: der drummer ist der leader.
Auch hier: der Drummer gefällt mir immer besser – hab das Stück gestern dreimal und jetzt wieder angehört.
Ich hatter hierzu einen längeren Post… der Trompeter ist toll (auch wenn er Kornett spielt… Kornett und Flügelhorn lassen sich ja in den meisten Fällen sowieso kaum von der Trompete unterscheiden, Ansatz und Mundstück machen da wohl viel grössere Unterschiede!)
Drummer als Leader… weiss nicht mehr, was ich da gesterna lles angedacht hatte… u.a. Aldo Romano (aber von der neuen Don Cherry Hommage ist das wohl nicht, v.a. weil dort eine AltsaxophonISTIN mitspielt, die tolle Géraldine Laurent). Drummer ist der Leader… Joey Baron hat nichts in dieser Besetzung gemacht, sowei ich weiss? Dave Douglas ist das glaub ich auch eher nicht… auch das ein tolles Stück, bi dem ich auf die Auflösung gespannt warte!
#6
vorgartenja, das ist echt schwer – vielleicht die einzige richtige rarität in diesem bft. die dame, die tatsächlich wie eine weichere abbey lincoln intoniert, hat nur zwei (ganz großartige!) platten aufgenommen, dazu ein paar singles. zeitlich hast du sie richtig eingeordnet (ein kleines bisschen zu früh). die musiker sind unbekannt, irgendwo im bläsersatz (allerdings nicht in diesem stück) soll einer quelle nach booker little versteckt gewesen sein.
Auch hier komme ich nicht weiter… sehr, sehr schönes Stück!
#7
vorgartenja, die dame ist hier etwas überambitioniert. aber sie hatte leider auch vorher wenig gelegenheit zu zeigen, welch grandiose jazzsängerin sie ist. herbie mann ist nicht der flötist – obwohl das ein nachvollziehbarer gedanke ist. dieser hier ist vor allem als „multiinstrumentalist“ bekannt. der pianist gehört heute zu den ecm-regulars…
Der ECM-Hinweis (auch betreffend des Flötisten) hilft mir nicht weiter… kann nicht mal genauer sagen, ob ich den Flötisten eher für einen Studio-Crack oder einen Jazzer halten soll (oder jemand wie Jerome Richardson, der beides zusammenbrachte).
ECM-Pianisten, da denke ich neben Jarrett zuerst an Leute wie John Taylor, Bobo Stenson oder Richie Beirach. Die spielen hier aber kaum…
#8
vorgartender trompeter ist der bandleader. der saxophonist ist hier (in seiner frühphase) wirklich noch toll, das stimmt. mit william parker liegst du hier wieder falsch, aber du solltest nicht aufgeben
die aufnahme ist jedenfalls älter als parkers erste studiosessions, obwohl er und der trompeter sich angeblich kannten. jedenfalls: du kennst das album, aus dem dieses stück hier ist – da bin ich ganz sicher. eins der großen versteckten meisterwerke des „freien“ jazz.
Ein verstecktes Meisterwerk… hm… und aus den späten 60ern?!
Bin auch hier enorm gespannt, aber völlig ratlos… Bill Dixon, Don Cherry, Lester Bowie… würd ich ausschliessen (vielleicht Dixon noch am ehesten?), von Ric Colbecks Album kann das nciht sein (davon hatte ich eigentlich ein stück vorgesehen)… so viele Freejazz-Trompeter gab’s damals ja auch gar nicht.
Die Kanaltrennung find ich übrigens überhaupt nicht speziell nervig oder auffällig… gefällt mir so besser, als wenn die Drums und überhaupt alles überall verteilt sind wie auf anderen Stücken hier!
#9
vorgartennein, nicht hemphill, nicht lake, nicht blythe. dieser großartige altsaxer ist erst seit ende der 80er aktiv. prägendster eindruck ist laut selbstaussage jimmy lyons. auf den cellist könnte man kommen, wenn man die aktuellere new yorker szene nach cellisten durchforstet. den perkussionisten (würde ich jetzt eher als „drummer“ sagen) kannte ich vorher nicht. toll, dass dieses stück redbeans und dich überzeugt (wenn auch gegen hindernisse). aus eigenem antrieb hättet ihr euch wahrscheinlich nicht mit diesem großartigen musiker beschäftigt, schätze ich (gilt auch für den herrn in #2).
Nach dem Auschlussverfahren wäre dann Erik Friedlander mein nächster Tipp! Den hatte ich gestern auch schon im verlorenen Post dabei. Kenne von ihm bisher wenig, esonders die „Maldoror“ Solo-CD hat’s mir aber sehr angetan! Im Zusammenhang mit Friedlander wären John Zorn oder Marty Ehrlich möglich?
Egal, das geht zu weit, um hier mit Allmusic-Suchen was zu finden…
(Und Chapin find ich nicht effekthascherisch sondern einen heiss brennenden, direkten, ehrlichen Musiker, den ich sehr mag!)
#10
vorgartentja… die komposition stammt von jemandem, der für dich sehr, sehr wichtig ist. und der deshalb auch in deinem bft präsent war. die interpretation hier ist natürlich nochmal eine andere sache. wie man vielleicht merkt (achtung: hinweis!), bemühe ich mich bei diesem stück um geschlechtsneutrale formulierungen…
Hm… dass das von Mary Lou Williams stammt kann ich mir kaum vorstellen?!
Chris McGregor aber auch nicht wirklich…
#11
vorgartenwie gesagt: das ist für mich mein 2010-hit! hier ist so gar nichts europäisch. der saxophonist stammt aus arizona, bassist und schlagzeuger sind new york natives. ich finde ja, dass der bassist viel von mingus geerbt hat. und der schlagzeuger ist – wie gesagt – selten in solch freien kontexten unterwegs (obwohl dieses stück ja, anders als das gesamte album, gar nicht so „frei“ ist). das trio hat sich später nach dem titel dieser platte benannt. und dieser titel hat etwas mit einer region in costa rica zu tun. ich höre jazz übrigens nur ungern über kopfhörer…
Siehe oben – muss mich mal ausführlicher mit Malaby befassen!
#12
vorgartenne, wieder nicht europäisch. ich gebe mal ein paar tipps: hier ist wieder der drummer der „star“. die anderen beiden sind regionalgrößen in detroit und – soweit ich weiß – außerhalb dieser stadt nicht allzu bekannt. er ist durchaus mal da raus gekommen, obwohl auch er keine seiten in den jazzführern füllt. auf eine wichtige jazzströmung mitte der 80er hatte er großen einfluss. ist aber ziemlich „unhip“, oder? neben rashied ali einer meiner lieblingsdrummer.
Wichtige Jazzströmungen gab’s mitte der der 80er noch nicht… Free Funk? Shannon Jackson? M-BASE?
Anscheinend gab’s auch noch einen Trompeter namens Ron Jackson… oder Marcus Belgrave (der aber durchaus aus Detroit rauskam). Sollte der Drummer auch aus Detroit sein.. Roy Brooks? Kaum (würsd mich auch überraschen, wenn das einer Deiner Lieblingsdrummer wäre).
#13
vorgarteno je… ich mag das stück wirklich sehr gerne und dieser saxophonist hätte wirklich ruhm und ehre verdient. ich mag seinen blechernen ton, dieses kratzige und widerspenstige daran, auch seine fiebrig-schwitzigen, mühsam über lange linien & verdichtung zusammengepressten höhepunkte. mit den namen, die du nennst, liegst du furchtbar dicht dran. nach dieser anfangsphase ist es aber erstmal sehr ruhig um ihn geworden und erst seit kurzem ist er wieder aktiv – allerdings in viel experimentelleren kontexten.
was ich aber gar nicht verstehe: kennt hier niemand das original?? das ist doch fast eine hymne des black-power-soul-jazz, funktioniert auch genau so, mit ewig wiederholten gesungenen 4 textzeilen und einem durchspielenden sax… demgegenüber hält sich diese version hier ganz gut – aber, wie gesagt, mit ging es um diesen zu unrecht (wie ich finde) nicht sehr bekannten tenorsaxophonisten.
das „slicke“ arrangement ist natürlich geschmacksache. den rest der platte kann ich auch nicht durchhören. die sängerin kennt man eher aus r&b- und elektronischen kontexten, bassist und schlagzeuger aus dem hiphop. naja. hört das einfach als bonustrack.
Aus der Pine-Ecke gäb’s noch Andy Sheppard, aber den kenn ich bisher nur als Sideman von Carla Bley.
Zum Ende noch eine kleine Entschuldigung für die zahlreichen Tippfehler – bin an der Arbeit und wenn ich was tippe sehe ich immer erst etwa fünf Sekunden verspätet, was ich eingegeben habe… kenie Ahnung, was los ist, aber das Forum ist überhaupt so langsam und nervig wie noch kaum je zuvor, Werbung, Pop-Ups, Werbbung mit Ton… unsäglich.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba