Re: Bill Evans

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gypsy-tail-wind
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nail75Du hast Bill Evans nicht verstanden! :lol:

Achgottchen … es geht doch auf diesem Niveau nur noch um Vorlieben und Dinge, die einen ganz persönlich ansprechen. Mag sein, dass ich in dieser Hinsicht Evans nicht immer ganz verstehe. Wenn ich Dich verärgert habe – anderer Thread – tut mir das Leid.

nail75Ich mag ehrlich gesagt im Jahr 2014 nicht mehr darüber diskutieren, ob Bill Evans genial war oder eventuell nur herausragend. Er hat den Jazz geprägt wie nur ganz wenige Musiker des 20. Jahrhunderts und die Village Vanguard-Aufnahmen gehören eben zur besten Musik des 20. Jahrhunderts überhaupt. Wem das nicht gefällt – kein Problem, aber Bill Evans Leistung kann kein Gegenstand einer ernsthaften Debatte sein. Es gibt eben Präferenzen (redbeans mag Miles Davis nicht, ich kann Dexter Gordon nicht ausstehen), aber die sind dann letztlich auch egal.

Ja, Präferenzen, s.o.

nail75Das steht doch in glattem Widerspruch zur Realität. Die ganzen Klaviertrios wären doch ohne Evans nicht vorstellbar! Edit: Ah, unten relativierst du diese Aussage komplett und behauptest das Gegenteil.

Ich weiss zwar nicht, worin du eine „komplette Relativierung“ erkennst, aber ich glaube, wir reden hier wieder einmal aneinander vorbei. Mein Punkt ist der, dass Evans nicht ohne Kontext, als Phönix aus der Asche quasi, erscheint und alles allein neu erfindet sondern dass er eingebettet in der ganzen Jazzszene betrachtet werden sollte. Das schmälert und relativiert nichts, erlaubt aber in meinen Augen einfach eine sinnvollere Beschäftigung mit seiner Musik. Und ich denke halt, dass vielen Musikern bewusst war oder ist, dass der „Bill-Evans-Einfluss“ nicht nur von Bill Evans kommt, dass es davor andere gab, dass Evans sich einreiht in das grosse Jazz-Piano-Kontinuum, wenn man so will. Und was die Grösse und Genialität von Evans betrifft, sind wir uns wohl auch einig darin, dass er von all den folgenden Pianisten nicht erreicht wird – wohl gar nicht kann, weil es eben sein Spielfeld ist, auf dem sich die anderen tummeln (statt sich stärker darum zu bemühen, ihr eigenes Feld zu finden – da möchte ich dann gleich nochmal Friedman oder Kuhn nennen, denen das in meinen Augen gelang … aber sie warn auch nur wenige Jahre jünger, da ist die Ausgangslage eine andere als bei Pianisten, die in den 80ern oder 90ern auftauchten).

nail75Und was will man denn mehr? Mehr kann man doch von einem Künstler nicht verlangen?

Nichts, klar. Ich bin ja auch mit Sonny Stitt oder so wem zufrieden, auch wenn der gar nichts gesucht hat ausser die cleverste Art, die immergleichen Akkorde auszulegen … Evans ist da sicher ein anderes Kaliber. Was Erwartungen betrifft … heikles Thema, aber es gibt ja auch Fälle, in denen Musiker Erwartungen weckten und sie dann nicht einhalten. Achtung, ich sage nicht, Evans sei ein solcher Fall gewesen, das wäre sicherlich eine sehr gewagte bis absurde Behauptung … aber dass Evans‘ Spiel sich nach den ersten Jahren geändert hat, und dass – um bei vorgartens Bild zu bleiben – ein paar Türen und Fenster geschlossen blieben, ist ebenfalls Fakt. Bloss weil es nicht an mir ist, von Evans zu verlangen, dass er diese öffnet, soll es auch nicht verboten sein, darauf hinzuweisen.

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