Re: Bill Evans

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vorgarten

Registriert seit: 07.10.2007

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gypsy tail wind
Was ich ja neulich ganz interessant fand, als ich zufällig auf Curriculi von Jazzschulen und sowas stiess ist, dass man offenbar von der Kelly/Evans-Schule spricht – also wenn es voicings und sowas geht. Wir hatten das ja neulich auch mal mit Al Haig und Duke Jordan – ich glaube einfach nicht, dass die Musiker Bill Evans für so zentral nehmen, wie er vom Publikum (also auch Dir und mir) wohl wahrgenommen wird, glaube weiterhin, dass da am Ende viel mehr drin steckt (eben z.B. – auch bei Evans selbst – eine grosse Portion Al Haig). Nicht, dass ich das über ein „Gefühl“ hinaus konkret festmachen könnte … aber der Mann, der in seiner Musik keine Angst hatte, den Bart runterzulassen, wurde und wird stilisiert, dabei gab es doch immer ein Bezugsnetz rund um ihn herum (und – noch ein Beispiel – in den Siebzigern, sind wir ehrlich, waren doch die Aufnahmen Tommy Flanagans für Enja wenigstens so toll wie die von Evans für Fantasy).

was flanagan bei enja angeht, würde ich jetzt persönlich widersprechen, aber das ist bei mir von lücken und subjektiven filtern bestimmt. ich kann mir pianisten, die in den siebziger jahren parker-kompositionen spielen, nur als isolierte klassizisten vorstellen, die fenster und türen schließen, sich eine pfeife anzünden und erinnerungsarbeit betreiben, im wissen, dass das natürlich noch einen wert hat. das hat für mich mit sowas wie RE: PERSON IN KNEW nicht viel zu tun (ohne das werten zu wollen, ich höre das nur komplett anders). flanagan schien mit ja auch schon viel wagemutiger als zu enja-zeiten, auch wenn ich das jetzt nicht konkret festmachen kann.

(und evans hat sicherlich auch immer viele türen und fenster verschlossen).

ich glaube, hier müssten andere mal widersprechen, nail oder atom, aber bei evans höre ich was anderes als voicings oder einflüsse, ich höre da immer eine komplexe, in furchtbar viel widersprüchen begriffene persönlichkeit. kaum eine musik kann so kalt und gleichzeitig so warm sein, so starr und so elastisch, so zurückhaltend und autoritär.

und was seine wichtigkeit für musiker angeht, denke ich natürlich an leute wie jarrett, mehldau, hersch, auch ein bisschen kikuchi, dann die vielen mediokeren in diesem bereich, aber dieser bereich ist von evans überhaupt erst scharfgestellt worden.

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