Re: Andrew Hill

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gypsy-tail-wind
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A bit of perspective. A month prior to this recording, John Coltrane had recorded LIVE AT BIRDLAND, continuing his expansion of the modal, open-ended approach to improvisation. Cecil Taylor’s most recent recording had been a year earlier for the Danish Debut label with a trio of alto saxophonist Jimmy Lyons, drummer Sunny Murray and himself. He was taking the the internal structures that he composed to the limit with extended and highly energizes performances. Ornette Coleman’s December 1962 Town Hall concert with a new trio of bassist David Izenzon and drummer Charles Moffett was his retirement party, though two-and-one-half years alter he’d pick up musically exactly where he’d left off. That summer, Eric Dolphy had begun to find an ensemble that could do his music justice on his FM label recordings featuring Bobby Hutcherson and Woody Shaw. George Russell was no longer able to keep his sextet together as a working or recording ensemble. Paul Bley with two Savoy recordings was developing a direction beyond Bill Evans that assimilated the aesthetics of Ornette.
In walked Andrew. Although his music had melody, harmony and rhythm, his conception of each was so unique that he was categorized with the avant garde. This music was avant garde in the strictest sense of the term, but it was anything but free form. As Monk was lumped into the bebop movement because he was there, so was Andrew put into the freedom bag. His music was free of cliché, but that was about the extent of it.

~ Michael Cuscuna: Andrew Hill (March 1995), Liner Notes zu „The Complete Blue Note Andrew Hill Sessions (1963-66)“, Mosaic MD7-161, 1995, p. 3

Soviel zum Rahmen, in den die (eigentlichen) Anfänge von Hills Musik fallen. Er war nun also 32 Jahre alt und hatte schon viel hinter sich, darunter „name gigs“ wie jene mit Dinah Washington und Kirk, und wie so viele andere auch R&B-Erfahrung. Bis zu sen oben erwähnten beiden Sideman-Aufnahmen mit Woods und Henderson lässt allerdings wenig auf eien so eigene musikalische Welt schliessen, wie sie 1963 plötzlich zu hören war. Alfred Lions Begeisterung ist für mich jedenfalls leicht nachzuvollziehen!

In einer ersten Probe für Black Fire sass Philly Joe Jones am Schlagzeug! Es existieren anscheinend davon Fotos von Frank Wolff. Cuscuna zitiert in seinen Notes Andrew Hill dazu: „I don’t remember how he got picked for the date, but it was amazing. He really got into the tunes and was dealing with them beautifully. There were scheduling problems and we would keep postponing the date. Bu he didn’t sound like you’d expect. He was wonderful“ (ibid).
Roy Haynes sass schliesslich auf dem Schlagzeug-Hocker und er ist es, „who made the date“! Sein Spiel ist unglaublich vielfältig, variantenreich, fein und doch dicht, lässt die Musik atmen und swingen… es lohnt sich enorm, einfach mal nur ihm zu lauschen! Dasselbe könnte man auch für Richard Davis sagen – meiner Meinung nach fast immer, wenn er mitspielt – aber in Anbetracht der noch viel tolleren Leistungen von ihm auf kommenden Hill-Alben lass ich das hier mal weg… Davis und Joe Henderson machen ihren Job jedenfalls sehr gut, aber Haynes ist es, der die Session so speziell macht! Er fühlt sich komplett in Hills Musik ein – sehr eindrücklich!

Der Opener, „Land of Nod“, wird mit einem 12/8 Latin-Beat gespielt, nach dem Intro besteht es aus einer A (8 Takte), A1 (6 Takte) und B (6 Takte) Form. Richard Davis übernimmt am Bass das erste Solo, dann folgt Hill mit dem längsten Solo, gefolgt von einem sehr speziellen Henderson-Solo, in der er die Melodie des Themas aufgreift, die Hill ihm mit seinem „comping“ füttert. Das Schlagzeug-Solo hält sich genau an die Struktur und wird – wie oft in Hills Blue Note-Sessions – von Bass und Piano begleitet.
„Black Fire“, das Titelstück, ist zuerst im Alternate Take zu hören (wie alle Alternate Takes, die Cuscuna bei diesen frühen Hill-Sessions ausgegraben hat, war auch dieser gemäss Lions Notizen ein Kandidat für die Veröffentlichung). Das Stück lebt von einer tollen, eingängigen Melodie über einem Walzer-Rhythmus, den Haynes mit unglaublicher Leichtigkeit dahintrommelt und stets spannend hält. Die Struktur ist eine 64 Takte lange AABA-Form, die A-Teile bestehen aus jeweils zwei 8-taktigen Teilen. Henderson soliert als erster, sehr rhythmisch. Dann Hill mit zwei Durchgängen, tolle Figuren in der rechten Hand reihend, viel Raum lassend, den Haynes aktiv nutzt. Davis und Haynes tauschen dann im letzten Chorus 16-taktige Soli aus… unbegleitet. Haynes trommelt wunderbar weiter ins abschliessende Thema hinein. Ein grossartiges Stück!
„Cantarnos“ klingt Spanisch angehaucht, Haynes glänzt wieder mit seiner unglaublich dichten und zugleich äusserst leichten und luftigen Begleitung, die stotternden Latin-Rhythmen, die er unter den Solisten am Laufen hält sind toll… Davis spielt oft nur hohe Pedaltöne, um zwischendurch auch mal kurze Läufe oder tiefe Töne einzustreuen… das gibt dem Stück eine Art statisches Feeling, das aber durch Haynes mehr zu einem Stop-and-Go wird. Davis spielt ein grossartiges, feines Solo, dann am Ende kriegt auch Haynes einen wohlverdienten Chorus. Die Form ist hier übrigens AABA, einigermassen Standard, ausser dass die Bridge eine modulierte Variation von A ist.
Mit „McNeil Island“ folgt dann die Ballade. Haynes setzt hier aus. Henderson spielt die Melodie, dann folgt Hill mit einem Interlude, dann Henderson über arco Bass, dann Am Ende alle wieder alle drei zusammen.
„Tired Trade“ ist ein 30-taktiges AABA-Stück (die Bridge ist nur 6 Takte lang), Henderson setzt aus, der Puls hat diese schwebende, fliessende Qualität, wie man sie bei Paul Bley hören konnte in jener Zeit. Chorusse von Davis und Haynes umschliessen Hills vier Durchgänge.
„Pumpkin“ ist ein sehr tolles Thema, schade, dass nicht weitere Bläser zur Hand waren! Nach 8 Takten Intro folgt das Thema mit seiner AABA-Struktur. Die A-Teile dauern 10 Takte und enthalten zwei Takte in 5/4, was dem Stück zu einem eigenartigen Charakter verhilft. Der Alternate Take folgte auf den Master – Hill ist im Master besser, Henderson spielt im letzten fertiggestellten Take allerdings stärker und sicherer.
„Subterfuge“ ist noch ein Trio-Stück. Nach einem 4-taktigen Vamp-Intro folgt das 4-taktige A, noch einmal der 4-taktige Vamp, der 4-taktige B-Teil, eine Modulation des Vamp-Intros, ein 4-taktiger C-Teil und noch eine Modulation des Vamp-Intros. Die Soli sind über dieser ganzen Struktur aufgebaut… schon klar, dass da vorgängig Proben nötig waren! Jedenfalls ist dieses Stück das längste des Albums und ganz klar eins der Highlights!
Zum Abschluss der Session folgte der Re-Take von „Black Fire“. Henderson klingt konventioneller aber auch geschlossener, Hill spielt einen Chorus mehr als im Alternate Take.


Andrew Hill und Richard Davis bei einer Probe für „Black Fire“ (Photo: Francis Wolff)

Ich werde übrigens auch in der Folge die Musik chronologisch hören, so, wie sie mir vom Mosaic-Set her vertraut ist. Die Reihenfolge, in der sie auf dem Album zu finden war, kann man ja sonst bei Allmusic oder Discogs oder so nachschauen.

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