Re: Kriterien der Jazzkritik

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otis
Moderator

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Nur ganz kurz, da wenig Zeit:
@gypsy Das Beispiel Jazzrock passt. Aber er wird in der Jazzrezeption bis auf die Genannten ohnehin nicht sondelrich ernst genommen, oder etwa.
Tut mir ja leid, da smit der Sinner Lady. Vielleicht ist Prog falsch, aber diese Anlehnung an die Klassische Moderne („wir sind zwar nur Jazzmusiker, aber guckt mal, wir können auch sowas ernst Wertvolles“) war ja auch für viele Progger Impetus zu ihrer Musik. („Wir wollen endlich „ernst“ genommen werden“) Aber ich habe die LAdy noch nicht ganz abgeschrieben.

katharsis Darüber hinaus halte ich es für wenig zielführend, eine Symphonie, ein Streichquartett, etc. im Grundsatz zu kritisieren. Mit einer Angabe der subjektiven kompositorischen Schwachpunkte, evtl. Harmlosigkeiten, harmonischen Unstimmigkeiten kann ich leben.
Mit Deinem letzten Satz triffst Du – allerdings wohl un-bewusst – einen Kern musikwissenschaftlicher Diskurse. Natürlich wird über Ravels Thema mit ewiger Variation diskutiert, allerdings dann nur in Fachkreisen. Was bringt auch eine Auseinandersetzung in Form einer Rezension? Entweder man mag das Stück, oder man mag es nicht. Und trotz seiner einfachen Struktur kann der „Bolero“ verzaubern, besonders wenn man genau auf die sich entwickelnden Variationen achtet…

ad 1: Wieso Schwachpunkte? Schumanns Violinkonzert, welches ich sehr liebe, war jahrelang mehr oder minder verpönt, aus einem elitären Blickwinkel heraus. Seine Arrangements, sprich die Instrumentierung seiner Sinfonien, wurde ebenfalls immer leicht bespöttelt. Solcherart Kritik kam immer aus der Perspektive des Maßes an Künstlichkeit und kompositorischem Könnertum, weniger aus einer ästhetischen. Einzig fallen mir in dieser Hinsicht Komponisten aus der ersten Hälfte des 19.Jhdts. ein, die damals hoch gerühmt in der Folgezeit deutlichst verloren haben (Meyerbeer etc.)
ad 2: Mir ist sehr wohl bewusst, dass über den Bolero diskutiert wird, ich weiß auch um seine „inneren Werte“, kann dieser, wenn auch kunstvollen, in meinen Augen aber billigen „Verzauberung“sästhetik nichts abgewinnen.

@thelonica DIese Piano-Sache ist hier im Forum ein wenig zum Selbstläufer geworden. Mir gehts es im Wesentlichen nicht um einzelne Interpreten, sondern darum, dass das Piano und die 10 Finger dazu verführen, unräzise zu werden, musikalische Aussagen zu verklimpern. Das mag ich nicht.

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