Re: Das Vibraphon im Jazz

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gypsy-tail-wind
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Danke für Deinen ausführlichen Post, katharsis!
Machst mir richtig Lust, „Dialogue“ mal wieder neu zu hören und mich vielleicht mal eingehender damit zu befassen!

katharsis“Oblique“ mit der nahezu identischen Band habe ich wieder faszinierender in Erinnerung, was an der prominenteren Rolle von Chambers liegen könnte.

Und v.a. daran, dass mit Albert Stinson ein unglaublich toller Bassist dabei ist, denke ich… Cranshaw ist der, der nie stört, aber auch selten richtig auffällt – jedenfalls nehme ich ihn quasi als Default-Blue Note-Bassist jener Jahre (ca. 1963-66) wahr und freue mich stets, wenn statt ihm Paul Chambers oder Ron Carter oder sonst jemand zu hören ist (Richard Davis freut mich dabei am meisten, aber der war ja eher selten auf Blue Note).

katharsis“Stick-up“ führt trotz Henderson und McCoy ein Schattendasein bei mir und befindet sich schon seit langem auf dem Hören-Stapel.

Für mich ist es das liebste unter Hutchersons Alben – weil’s so zupackend und direkt ist, dabei aber auch Ornette reinbringt, eine gewisse Freiheit atmet (die eher latent vorhanden ist denn wirklich genutzt wird)… und dennoch ungeheuer lyrisch ist.

Nimmt mich dann wunder, was Du davon hältst, wenn Du’s mal richtig angehört hast!

katharsis“Spiral“ habe ich so gut wie gar nicht repräsentiert und als ich eben nachgesehen habe, war ich sehr überrascht, dass Harold Land vertreten ist.

Die beiden hatten ja über mehrere Jahre hinweg eine gemainsame Band. Später (mit Joe Sample) entwickelte sich das mit E-Pianos und Bässen und Oboen und so in eine Art weichgezeichnete bisschen-experimentelle Jazzrock-Richtung… nicht uninteressant, aber „In San Francisco“ wird nie mein Lieblingsalbum.
Gut ist hingegen „Total Eclipse“ (mit Chick Corea am Piano), das stammt noch aus der Zeit vor den Experimenten. Gefällt mir glaub ich eine Spur besser als „Spiral“.

Joe Chambers sticht in der Tat immer wieder heraus auf diesen Alben – sowohl als begabter Komponist wie auch als toller Drummer. Schade, dass er erst zum 60. Geburtstag in den 90ern sein Label-Debut (das mittelprächtige „Mirrors“) realisieren konnte.

Spaulding dagegen… unterschätzt oder nicht, ich glaub nicht, dass der als Leader bei Blue Note wirklich funktioniert hätte, und ich vermute, dass das Lion auch gewusst hat und dass es deswegen kein Spaulding-Album gibt. Ich kenne ein paar wenige spätere Sachen von ihm als Leader und da fehlt mir irgendwie etwas… eine Richtung? eine spürbare und vermittelte Überzeugung?

Jedenfalls bin ich keiner der „warum hat bloss Spaulding nie ein Blue Note Album machen dürfen“-Beklager-Fraktion.

Zurück zu Hutcherson: er spielt auch auf dem tollen Andrew Hill Album „Judgement“ (mit Richard Davis und Elvin Jones) und dann auch auf einem meiner allerliebsten Alben von Lee Morgan, „The Procrastinator“. Mit Wayne Shorter, Herbie Hancock und Ron Carter sind drei Fünftel von Miles‘ zweitem Quintett dabei, das färbt ab und das Album hat diese offene, lyrische Stimmung, die wohl besonders mit Shorter und Hancocks Spiel zusammenhängt. Hutcherson passt perfekt dazu (und man darf sich ruhig auch mal ausmalen, wie gut er mit Miles‘ Quintett hätte klingen können!) und Higgins bringt ein groovigeres Spiel rein als Tony Williams das gemacht hätte. Für mich wohl neben „Search for the New Land“ das schönste Album von Lee Morgan (The Sidewinder käme dann an dritter Stelle, nehme ich an… jedenfalls hatte ich die anderen beiden gestern beim Listen-machen dabei, The Sidewinder war von Anfang an draussen.)

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