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1961 war Terry bereits im TV Studio verschwunden, meldete sich aber regelmässig mit Jazz-Alben unter eigenem Namen und zahlreichen Auftritten als Sideman.
Im Quartett mit Junior Mance (p), Joe Benjamin (b) und Charlie Persip (d) entstand im Sommer 1961 das schöne Moodsville-Album Everything’s Mellow. Terry spielt – wie bei Moodsville zu erwarten – vor allem Balladen, streut aber auch ein paar Originals ein, darunter den schönen „Simple Waltz“. Mance und er harmonieren perfekt, Terrys Ton berührt wieder sehr.
Das zweite Moodsville-Album war Clark Terry Plays the Jazz Version of All American. Neben Terry sticht hier vor allem Budd Johnson heraus, der jeder musikalischen Herausforderung gewachsen war – einer der „alten“ Musiker, die in Sachen harmonischen Wissens jedem Bopper das Wasser reichen konnten. Eddie Costa swingt am Piano und Vibraphon, Art Davis und Ed Shaughnessy vervollständigen die Rhythmusgruppe, Lester Roberston an der Posaune und George Barrow am Barisax die Frontline.
Das Resultat ist eine Zwängerei… das eröffnende „What a Country“ und dasder abschliessende „Fight Song“ klingen mehr nach Fanfare und Zirkus als nach Jazz, Johnson und Costa solieren dennoch gut, danach geht’s zwar besser weiter, aber man merkt dem Album an, dass zuerst ein Konzept stand, dann ein Arrangeur gerufen wurde (der die Musik bedeutend ändern, ergänzen und aufpeppen musste, damit den Jazzern nicht das Gesicht einschläft) und erst dann die passenden Musiker zusammengetrommelt wurden. Terry macht zwar nichts falsch aber er kann sich in einem solchen Setting nicht besonders entfalten, eher noch gefallen die Soli von Budd Johnson, der die Changes wie immer buchstäblich aufisst. Seltsam, dass dieses Album in der Moodsville Reihe erschienen ist, es will da für mich so gar nicht reinpassen.
Ab 1961 hat Clark Terry über mehrere Jahre hinweg mit Bob Brookmeyer zusammen gespielt. Die beiden haben über die Jahre immer wieder in diversen Formationen zusammen gespielt, besonders in Gerry Mulligans Concert Jazz Band. Für einige Jahre spielten sie mit Unterbrüchen regelmässig im Quintett zusammen. Eins der „Previously Unreleased Recordings“ Alben von Verve (das waren Alben, die beim Abgang von Granz und dem Verkauf an MGM zwischen die Ritzen fielen).
Die Frontline von Terrys frugalem Flügelhorn und Brookmeyers trockener Ventilposaune harmoniert sehr gut, die beiden haben eine ähnliche Spielauffassung (in die Richtung: immer munter drauflos), beiden mangelt es nicht an „Soul“, und schliesslich werden sie von einer hervorragenden Rhythmusgruppe begleitet: Eddie Costa (p), ein unglaublich swingender Pianist, sowie Joe Benjamin (b) und Osie Johnson (d).
Die Liner Notes können auf der Eddie Costa Website nachgelesen werden:
„Simple Waltz“ ist genau das… dieselbe Nummer wie auf „Everything’s Mellow“, bloss dieses Mal weniger gedämpft und mit viel Feuer, gegen Ende weben Terry und Brookmeyer einen dichten Dialog. Es folgt eine langsame, sehr bluesige Version von „Things Ain’t What They Used to Be“ – gute Idee, das Stück mal so langsam anzugehen. Benjamin legt ein fettes Fundament, Terry bläst ein tolles Solo, dann folgen Brookmeyer und Costa – diesen zu hören macht mir immer Spass, einer meiner absoluten Lieblingspianisten!
Die zweite Hälfte des Albums beginnt mit „Manuscript“, von Benjamin eröffnet wird das Thema in Halftime begleitet und der Beginn von Terrys Solo wird mit einem raffinierten Stoptime-Rhythmus unterlegt. Terry spinnt dann einen Dialog zwischen seiner Trompete und seinem Flügelhorn, sehr schön. Es folgt Costa, wieder mit dem Stoptime zu Beginn. Zum Abschluss spielt die Band Oliver Nelsons „Stolen Moments“, Terry bläst das erste Solo, sehr schön! Es folgt Brookmeyer und dann Costa, der seine Oktav-Kunst demonstriert und die etwas avanciertere harmonische Struktur des Stückes ausnützt.
Im Sommer 1964 nahm Terry ein Album mit dem Trio von Oscar Peterson auf. Mit Ray Brown am Bass und Ed Thigpen am Schlagzeug war Peterson schon seit einigen Jahren zusammen, die drei sind eingespielt und Terry kann sich auf eine mehr als kompetente Begleitung verlassen. Ein wunderbar swingendes und entspanntes Album kam dabei heraus, Terry spielt Flügelhorn und Trompete, dialogisiert mit sich selber, klingt mal fröhlich, mal nachdenklich und immer expressiv. Auf „Mumbles“ ist er zudem als Sänger oder Vokalist (oder eben als „mumbles“) zu hören. Ein Novelty-Effekt, den ich nicht allzu oft brauche und der live sicher bedeutend besser rüberkam als auf Schallplatte, aber das war Teil seiner Persönlichkeit und darf darum ruhig auch hier Platz finden.
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