Re: Clark Terry

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Im Sommer und Herbst 1960 nahm Terry an den Sessions für Dave Baileys schöne Alben One Foot in the Gutter und Gettin‘ Into Somethin‘ teil. Die Band bestand aus Curtis Fuller, Junior Cook bzw. Charlie Rouse, Horace Parlan, Peck Morrison und Leader Bailey. in beiden Sessions wurden vier Stücke mitgeschnitten, jeweils eins davon in LP-Seitenlänge („Sandu“ auf dem ersten Album dauert mit Baileys Band-Ansage – die Aufnahmen fanden mit geladenen Gästen im Studio statt – etwas über 21 Minuten). Terry fügt sich hervorragend in die Band ein, neben dem trockenen Tenor von Cook oder Rouse und der vollen Posaune von Fuller bringt er ein verspieltes Element rein. Die Rhythmusgruppe ist eine Spur leichter als meist auf solchen Hardbop-Alben, was wohl vor allem an Baileys Spiel liegt. Jedenfalls schöne Musik, die zu kommentieren eigentlich nicht nötig ist… let the music speak for itself!
Terry hat das Titelstück zuer ersten Session beigesteuert sowie die drei kürzeren Stücke des zweiten Albums, „Slop Jah“, „Little Old Mongoose“ und „Evad Smurd“ (Dave Drums). Auf dem Bonustrack der ersten Sessions, „Brownie Speaks“, spielt er ein schönes Solo als Hommage an Clifford Brown, mit dem er ja im Rahmen der EmArcy Jam Sessions 1954 zusammen aufgenommen hatte.

Clark Terry nahm 1960 schon sehr viele Sessions als Sideman auf, aber zumeist noch richtige Jazz-Alben – mit Johnny Griffin („The Big Soul Band“), der Gerry Mulligan Concert Jazz Band („) und mit Charles Mingus („Pre-Bird“), um die Jahreswende 1960/61 nahm er zudem an den Sessions für Teri Thorntons Riverside-Album „Devil May Care“ teil. Und im Januar folgten auch Aufnahmen mit Cecil Taylor und Buell Neidlinger für deren Candid-Album „New York City R&B“.

Im Oktober 1960 nahm Terry auch mit Yusef Lateef auf, neben Richard Williams, Curtis Fuller, Tate Houston, dem Fagottisten Josea Taylor, Joe Zawinul, Ben Tucker und Lex Humphries begleitete er Lateef auf dem ambitionierten Album The Centaur and the Phoenix. Terry ist wie all die anderen Bläser solistisch zu hören, ausschliesslich auf dem Flügelhorn, und auch im Austausch mit Richard Williams auf dem Stück „Apathy“.

Zwei Wochen nach den Sessions mit Yusef Lateef nahm Terry an den Aufnahmen zum Swingville Album Tate-a-Tate teil, bei dem er neben Leader Buddy Tate auf dem Cover erwähnt wurde. Die beiden wurden von Tommy Flanagan, Larry Gales und Art Taylor begleitet. Das Album enthielt zwei Nummern aus dem Ellington-Umfeld („All Too Soon“ und „Take the ‚A‘ Train“), eine Gemeinschaftskomposition von Tate und Terry („#20 Ladbroke Square“) sowie drei Originals von Clark („Buddy’s Tate-a-Tate“, „Groun‘ Hog“ und „Snatchin‘ It Bad“).
Terry bietet einen perfekten Gegenpol zu Tates solidem, erdigem und enorm bluesigen Spiel. Joe Goldberg zitiert in seinen Liner Notes eine Äusserung Whitney Ballietts über Tate:

Tate is one of the great blues performers […]. Inspired by Herschel Evans, whom he replaced in the old Basie band, he has a bulbous, almost double-chinned tone, a loose vibrato, and a locomotive sense of rhythm, no matter the tempo. His solos are apt to be constructed of sponge-rubber blurts, short, whispered phrases that often fade into echoing tissues of breath, and long, arching smears singularly reminiscent of the field hollers of a century ago. (This throwback, instinctive to Tate, is what the funky boys ape.)

Die Musik auf diesem Swingville-Album ist simpel, direkt, keine Arrangements, nur Heads… die alte Basie-Tradition, könnte man sagen. Tate und Terry spielen enorm entspannt, mit Tommy Flanagan haben sie einen einfühlsamen Begleiter, der die Funkiness nie übertreibt, Gales‘ Bass und Taylors Drums halten das Geschehen lebendig mit Fills und Bombs und einem rhythmischen Gespür, das klar vom modernen Jazz herkommt. Gales‘ grosser Sound ist besonders schön zu hören. Ein sehr entspanntes Album jedenfalls, das perfekt ins Image der Swingville-Reihe passt.

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