Re: Wie wichtig sind euch die Texte?

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carrot-flower
Moderator

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Musik ist eine eigene Sprache, und ohne diese Analogie zu streng zu nehmen, würde ich schon sagen, dass sie ihr eigenes Vokabular hat, ihr Regelwerk, ihre Semantik, die zumindest in diesem Kulturkreis auch einigermaßen einheitlich interpretiert wird. Insofern „funktioniert“ Musikhören oft auch ohne Textverständnis. Klassische Musik ist da das Paradebeispiel (Menno, diese La-Ola-Smilies neben der Textfläche lenken ganz schön ab). Es gibt z.B. musikalische Klischees, die auch ohne Kitschtext nerven, und musikalischen Humor ohne Worte (ich liebe z.B. Regina Spektor, die wirklich musikalisch humorvoll ist oder neuerdings war).
Ich denke, bei einem guten Musikstück mit Text hat man zwei miteinander verwobene Kunstwerke vor sich, die sich im Idealfall ergänzen oder auch in Frage stellen. Ich meine z.B. Stücke wie „I want you“ von Elvis Costello, das im Thread zum Musiker mal heftig kritisiert wurde aufgrund seines scheinbar schlagerartigen Anfangs. Hier muss man wirklich den grundgefährlichen Text dazunehmen, um dem Lied gerecht werden zu können. Auf die Spannung und den Interpretationsspielraum, die sich aus solchen Wechselwirkungen ergeben können, möchte ich nie im Leben verzichten. Auf die Enttäuschung, wenn ein wunderschönes Stück durch einen nie mehr zu ignorierenden Textquark für mich unhörbar wird, schon.

Wohlgemerkt, es geht hier nur um Musik, die mir wirklich etwas bedeutet und von der ich sagen würde, dass ich mich ernsthaft mit ihr beschäftige. Es gibt natürlich auch massig Musikstücke, bei denen mir der Text grundschnurz ist, die ich etwa wie Genrefilme benutze: zum Tanzen, zum Autofahren und lauten Mitkrähen, da geht dann auch bedenkenlos „Wanna Die In Beat City And Run, Run, Run / Wanna Drink And Drive And Have Some Fun“. Yeah!

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the pulse of the snow was the pulse of diamonds and you wear it in your hair like a constellation