Re: Albert Ayler

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In Saint-Paul-de-Vence Albert Ayler seemed happy, radiant. Even if, from time to time, one couldd notice a slight melancholy in his eyes, probably due to the intensely poetic dimension of his inner universe. It was, however, optimism, enthusiam, and spontaneous laughter that prevailed. At the Foundation, he visidted the temporary exhibition devoted to contemporary American artists, and the permanent collection, which featured works by Miró, Matisse, Picasso, Chagall. He showed us a painting facsimile he had just bought. He was especially fond of the Chagall paintings, and one in particular, in which a violinist floats above a colored donkey.

~ Daniel Caux: Apparitions of Albert the Great in Paris and Saint-Paul-de-Vence, Liner Notes zu: Albert Ayler, „Holy Ghost: Rare & Unissued Recordings (1962-70), Revenant, ca. 2004, S. 103.

1970 war für Ayler kein einfaches Jahr. Der Zustand seines Bruders Donald verschlechterte sich, Impulse hatte ihn rausgeworfen, weil seine Crossover-Alben sich nicht gut verkauften. Im Sommer fand in Frankreich dennoch eins der wichtigsten und tollsten Kapitel seiner Karriere statt: am 25. und 27. Juli trat Ayler in Saint-Paul-de-Vence am Festival auf, das der Kunsthändler Aimé Maegth in seiner Fondation Maeght ausrichtete.

Daniel Caux, ein der Fluxus-Bewegung nahe stehender Maler, der auch für Jazz Hot und Combat schrieb, war einer der ersten Förderer des New Thing in Frankreich. Er wurde Musik-Redaktor von Chroniques de l’Art Vivant, einem Magazin, das Maeght gegründet hatte, und rutschte auch in die Konzert-Versanstaltung herein. Maeght schlug vor, Caux solle ein paar seiner New Thing-Heroen in Saint-Paul-de-Vence präsentieren – zuvor waren dort etwa Duke Ellington, Merce Cunningham, Cornelius Cardew oder John Cage aufgetreten. Caux gründete mit Hilfe Chantal Darcys, einer Freunding Maeghts, ein Label, um die Musik zu dokumentieren – er nannte es nach der Patronne „Shandar“ (CHANtal DARcy). Caux hatte Ayler im November 1966 erlebt und war fasziniert von dessen Musik, wie er in seinem Text fürs Buch der „Holy Ghost“-Box berichtet:

The first set by the Ayler brothers caused a huge fight in the audience and raised a group of scandalized detractors against a small number of admmirers. The music, however, managed to overcome the shouts and boos in a magnificient way. By 2:00 in the morning, at the end of the second concert, only a handful of hardcore fans remained to listen to the Ayler brothers.

~ Daniel Caux: Apparitions of Albert the Great in Paris and Saint-Paul-de-Vence, Liner Notes zu: Albert Ayler, „Holy Ghost: Rare & Unissued Recordings (1962-70), Revenant, ca. 2004, S. 100.

Albert Ayler stand unter grossem Druck – seine Eltern machten ihn für die Verschlechterung des Zustandes von Bruder Donald verantwortlich, sein Label hatte ihn eben fallengelassen, er trat kaum mehr auf. Die Konzerte waren jedoch enorm erfolgreich, das Publikum setzte sich aus den treuen Fans des freien Jazz aber auch aus der avantgardistischen und revolutionären Kunstszene zusammen.

Die Musik der Konzerte ist intensiv, die veröffentlichten Aufnahmen sind die besten der letzten drei, vier Lebenjahre Aylers – eine Summe seines Schaffens, ein letzter Blick auf seine künstlerischen Visionen. Für die Shandar-LPs hat Caux sich vor allem auf diejenigen Stücke konzentriert, die ohne Mary Parks Gesang auskamen. Die Konzerte wurden auch gefilmt. Ben Young zitiert dazu Mary Parks:

Ayler had a difficult choice to make: He had been offered the chance to take part during the same days in an Antibes festival billl headlined by Aretha Franklin. „Oh, Albert wanted to appear with Aretha Franklin,“ reports Parks, who took a pragmatic view. „It was I who said, ‚No, I want to be on television. We’ll be on television–on film–forever.‘ I persuaded him to go to the Foundation.“

~ The Sessions, Liner Notes zu: Albert Ayler, „Holy Ghost: Rare & Unissued Recordings (1962-70), Revenant, ca. 2004, S. 163f.

Ein paar Tage nach Ayler war Cecil Taylor mit seiner Unit (Jimmy Lyons, Sam Rivers, Andrew Cyrille) zu hören – ebenfalls auf Shandar dokumentiert (Shandar SR 83.507, SR 83.508, SR 83.509, später auch auf Prestige als „The Great Concert of Cecil Taylor“ und auf diversen anderen Labeln). Es traten auch Sun Ra, Steve Reich, Philip Glass und La Monte Young in Saint-Paul-de-Vence auf.

Ayler hatte sich vorgenommen, kein neues Material zu präsentieren – weil er ahnte, dass er für die LPs nie angemessen entschädigt werden würde. Bassist Steve Tintweiss (von Ben Young zitiert):

„There was a conscious decision on Albert’s part,“ recalls bassist Steve Tintweiss. „He had actually told us in the band that he was only going to perform material that had already been released and published, because he pretty much knew he was going to get ripped off, improperly paid, cheated on royalties. (And he was right. We never did get paidd for the major albums that were released.) Albert realized that and made a practical decision to no play some of the newer pieces that he was working on.“

~ The Sessions, Liner Notes zu: Albert Ayler, „Holy Ghost: Rare & Unissued Recordings (1962-70), Revenant, ca. 2004, S. 164.

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Die Shandar-Aufnahmen werden heute dem 27. Juli zugeschrieben. Das erste Konzert vom 25. Juli erschien auf einem Bootleg von BluJazz und markierte 2005 den Auftakt des Revivals von ESP-Disk‘: Albert Ayler Live on the Riviera (ESP 4001). Hier ist die Band ein Quartett: Albert Ayler (ts,ss,musette,voc), Steve Tintweiss (b), Allen Blairman (d) und Mary Maria (voc,ss). Mary Maria ist ziemlich präsent, schon im öffnenden „Music Is the Healing Force of the Universe“ ist sie mit langen Rezitationen zu hören.

Steve Tintweiss schrieb im Dezember 2002 einen Text, der als Liner Notes der ESP-CD Verwendung fand. Darin berichtet er über das Konzert vom 25. Juli 1970. Die Band sie in grösster Eile durch angekommen, es hätte gerade noch für eine dreiminütige Besprechung unter einem Baum hinter der Bühne gereicht: „‚You just start with the bow, then I’ll come in and we’ll go from there‘, instructed the leader to Allen Blairman and myself.“

Die Stücke sind grossartig, intensiv, frei. Parks stört leider immer mal wieder, egal ob mit ihren Rezitationen oder mit Geheul, das wohl einen Versuch darstellen soll, Abbey Lincoln oder Jeanne Lee zu imitieren… egal, Aylers Tenor klingt wunderschön, seine Linien sind oft etwas getragener als üblich, die Schattierung der Musik hat etwas leicht Düsteres, Tintweiss und Blairman begleiten aufmerksam und durchaus abwechslungsreich, auch wenn sie nicht ganz mit den grossen Begleitern aus Aylers früheren Jahren mithalten können. Dennoch: eine Trio-Scheibe ohne Parks wäre bestimmt toll geworden! In den besten Momenten ist die Musik von unglaublicher Intensität und grösster Dichte. Dazu gehört auch Aylers Sopransax-Spiel auf „Masonic Inborn“ (das wird, glaube ich, manchmal Parks zugeschrieben – undenkbar!)

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Ayler hatte am 25. Juli einen weissen, orientalischen Anzug getragen, dazu einen Sombrero. Am 27. Juli trat er im Stierkämpfer-Aufzug an. Call Cobbs war anscheinend aufgehalten worden und fehlte daher am 25., aber für die von Shandar dokumentierten Aufnahmen war er dabei. Zwischen ihm und Ayler verlaufen enge musikalische Bande, die Musik ist noch besser, viel dichter, allerdings bleibt für Tintweiss und Blairman weniger Raum, oft wirken sie etwas… na ja, Blairman scheppert einfach dahin, während Tintmans Läufe sich viel weniger eng mit Aylers Spiel verzahnen. Dieser ist in bestechender Form. Sein Spiel erdig, bluesig, sein Ton körnig und warm. Noch immer hat die Musik manchmal einen düsteren Anstrich, aber Cobbs‘ Vaudeville-Piano bringt eine ganz neue Farbe in die Gruppe und da ist auch viel Freude zu spüren. Manchmal wird mit einfachsten Mitteln unglaublich effektive Musik gemacht, aber oftmals ist das eine vermeintliche Einfachheit. In „Holy Family“ etwa rockt Ayler über einen recht steifen Beat ab, das Stück fällt etwas aus dem Rahmen, aber verglichen mit den R&B-Experimenten der Impulse-Aufnahmen ist es doch Klasse! Wirklich gross sind aber die hymnischen Momente in verschiedenen Stücken oder das wunderschöne „Spirits Rejoice“. Caux wählte je vier Stücke aus für die beiden Shandar-LPs Nuits de la Fondation Maeght Volume 1 (SR 10.000) und Nuits de la Fondation Maeght Volume 2 (SR 10.004), es sind einige recht krasse Edits zwischen den Stücken zu erkennen, aber anscheinend sind keine umfassenderen Ton-Dokumente im Umlauf (ich habe auch keine Ahnung, ob die Film-Aufnahmen irgendwo vorliegen, habe jedenfalls noch nichts davon gesehen, es sei denn in dieser schwedischen TV-Produktion sei davon etwas zu sehen, die muss ich mir mal wieder anschauen! Hier ist die Website zum Film, es heisst da, DVDs seien bald erhältlich). Water hat 2002 eine CD mit beiden Alben vorgelegt, inklusive guter Liner Notes von David Keenan, der ausgiebig sich auf ein extra geführtes Gespräch mit Daniel Caux bezieht (man erfährt einiges, was auch in Caux‘ Text zur „Holy Ghost“-Box wieder steht).

Typisch für den Stand der Musik Aylers im Jahr 1970 ist wohl der Opener „In Heart Only“ – elegisch, lyrisch, aber auch bluesig, gospelgetränkt. Ayler schwebt über den Dingen, singt mit seinem Horn, spricht Wahrheiten. Darunter legt Call Cobbs einen Teppich, während Blairman und Tintweiss herumfummeln und irgendwie nur noch Statisten sind. Das fünfminütige Ayler-Solo ist die kürzeste Nummer und es folgt mit dem viertelstündigen „Spirits“ sogleich der längste der acht Titel der Shandar-LPs. Ayler spielt ganz am unteren Ende seines Tenorsaxophons, während Call Cobbs einfache Motive wieder und wieder spielt, manchmal – wie David Keenan in seinen Liner Notes zur Water-CD beobachtet – an Nina Simone aus ihrer „I Wish I Knew How It Would Feel to Be Free“-Phase. Ayler steigert sich in ein unglaubliches Solo hinein, seine Linien schrauben sich ganz langsam in die höchste Lage des Tenors und ins Falsett vor, um dann wieder herunterzustürzen und zwischendurch ins Piano-Motiv einzubrechen, kurze Schreie auszustossen zwischen seinen Phrasen. Tintweiss und Blairman sorgen für durchaus angemessene Begleitung, auch wenn Blairmans Rhythmen manchmal schon etwas steif und monoton wirken (gibt’s den noch? Im „Holy Ghost“-Buch von 2004 steht, er lebe und arbeite noch immer in Heidelberg… nach Ayler hat er u.a. mit Karl Berger, Ml Waldron, Joe Haider oder Albert Mangelsdorff gespielt).
In „Holy Family“ klöppelt Blairman erst einen leichten Beat, der rasch schwerer und ziemlich steif wird, während Tintweiss irgendwie das Tempo erst allmählich zu finden scheint und Cobbs grelle Piano-Akkorde hämmert. Ayler ficht das nicht an und er spielt mit unglaublichem, stellenweise kehligem Sound ein Solo, das einem steten Singsang gleicht, nirgendwohin zu gehen wollen scheint, aber eben doch so viel macht und bei aller scheinbaren Ziellosigkeit sehr viel zu sagen hat. Das ist eine Art Gospel-Funk, aber auf eine Art präsentiert, wie ich sie nur von Ayler kenne.
Das erste Album endet mit „Spirits Rejoice“ und das Stück ist neben „In Heart Only“ das zweite absolute Highlight der Aufnahmen aus Saint-Paul-de-Vence. Cobbs spielt auf und abspringende Akkorde und Motive, Blairman vor allem Rolls, er und Tintweiss setzen oft aus, lassen Saxophon und Piano alleine. Die Musik ist hymnsich, getragen, ernst, aber auch voller Freude.
Diese Stimmung prägt auch „Truth Is Marching In“, mit dem das zweite Album beginnt. Aylers Musik klingt hier beinahe jubilierend, jedenfalls optimistisch, fröhlich. Cobbs‘ Piano passt perfekt und als der Marsch-Rhythmus einsetzt und die Singsang-Linie beginnt passt auch Blairmans Getrommel perfekt, während Tintweiss hier wieder zeigt, dass er ein durchaus toller und zuhörender Begleiter sein konnte, wenn er den Raum dazu fand.
Mit „Spiritual Reunion“ folgt eine wunderschöne Variation über „Ghosts“, quasi eine Rubato-Ballade, in der Cobbs Piano glockenhell perlt, während Tintweiss mit tollen Basslinien ein Fundament legt und Blairman ausschmückt, mal leicht mit den Becken, dann wieder schwer mit den Trommeln – ein dauerndes Auf und Ab, in dem auch ein wenig Raum für Cobbs bleibt, wenn Ayler sich in der Mitte und nochmal gegen Ende des Stückes zurückzieht.
Den Abschluss der tollen Aufnahme bildet „Music Is the Healing Force of the Universe“, und hier schlägt Mary Marias Stunde. Sie singt ihre pseudo-religiösen Worte, während Ayler eine Art Haikus einstreut, kurze Kommentare und Phrasen, die Zeilen wie „we do not always need the pill / and its content“ einigermassen vergessen machen.
Die Water-CD führt übrigens sowohl für Mary Maria und Ayler auch noch das Sopransaxophon auf, aber ich höre davon nirgendwo etwas.

Im Ayler-Tree, der wohl irgendwann in den 90ern erstellt wurde und viele der später in „Holy Ghost“ zu findende Aufnahmen enthielt, sind vom 27. Juli zwei Tracks zu finden, die von einer französischen Radio-Sendung kommen: „A Man Is Like a Tree“, eine weitere Nummer mit tollen Lyrics von Parks („a man is like a tree / he grows from the sea“) sowie eine unvollständige Version von „Holy Family“ (ich weiss nicht, ob’s derselbe Take ist, der auf der zweiten Shandar-LP erschienen ist, jedenfalls dauert die Version nur 3:08 und bricht mittendrin ab).
Ebenfalls zu hören ist das „Airport Tape“. Im 6:45 dauernden Fragment sind Ayler, Parks und unidentifizierte andere Personen zu hören, es ist auch die Rede vom anstehenden Auftritt in der „Ed Sullivan Show“. Es geht in der Aufnahme darum, dass Ayler und Co. anscheinend ihren Flug nicht bestätigt hatten (bzw. jemand – ich verstehe den Namen nicht, klingt so ähnlich wie Heidegger oder Heineken – vergass, ihre Reservationen zu bestätigen, der ihnen versprochen hatte, dies zu tun). Jedenfalls hören wir Mary Parks, Ayler und einen armen Schalterbeamten am Flughafen etwas herumstreiten… was dabei herauskam weiss ich nicht… aber zum Ed Sullivan-Auftritt kam es jedenfalls nicht mehr. Das Segment ist auch als Bonustrack am Ende von CD9 der „Holy Ghost“-Box zu finden, obwohl es im Booklet nicht erwähnt wird. Das Datum wird auf der Ayler-Website als 4. August 1970 angegeben, der Ort als Luxemburg (im Ayler Tree hiess es 27. Juli und Brüssel).

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In der Holy Ghost-Box von Revenant findet sich auf CD7 ein fast vierzigminütiger Mitschnitt aus La Colle sur Loup, einem Dorf in der unmittelbaren Umgebung. Ayler spielte dort mit seiner Gruppe vermutlich am 28. Juli 1970. Parks ist vielleicht am Tambourin und als Klatscherin zu hören, das ist aber gemäss den Angaben im Buch zur „Holy Ghost“-Box unklar. Die vier gespielten Stücke sind „Mothers/Children“, ein unvollständiges unbekanntes Stück, ein unbekanntes Stück in C moll und zuletzt ein weiteres unbekanntes Stück in F moll und C moll. Diese Stücke scheinen überhaupt keine Fixpunkte zu haben, kein thematisches Material. Besonders im längsten zweiten Stück scheint Ayler hörbar Vergnügen daran zu finden, seine Soli von verschiedenen Ausgangspunkten anzugehen, mit unterschiedlichen Haltungen zu spielen. Ben Young schreibt:

So we hear a grand summation of Ayler’s final stylistic period, juxtaposing within the same pieces the arpeggiating method he had been sharpenig since New Grass (Tinweiss: „This is the kind of stuff he was practicing all day long in the villa.“), and the altissimo dimension that’s harder to locate on records.

~ The Sessions, Liner Notes zu: Albert Ayler, „Holy Ghost: Rare & Unissued Recordings (1962-70), Revenant, ca. 2004, S. 165

Die Musik ist toll, aber leider in recht schlechter Aufnahmequalität – klingt nach Amateuraufnahme, nicht nach Rundfunk-Mitschnitt. Cobbs öffnet das längste, zweite Stück solo am Piano, dann folgt ein ganz grober Edit und wir sind mitten in einer äusserst intensiven Nummer. Im kürzesten dritten Stück spielt Blairman einen zickigen Beat, über den Ayler seine ureigene Art von funky R&B-Tenor bläst.

Die Aufnahmen aus Südfrankreich sind die letzten Zeugnisse von Ayler und sie zeigen ihn in guter Form und bei allen düsteren Untertönen und der manchmal etwas getragenen Stimmung ist das doch auch Musik, die äusserst stark ist, Musik voller Freude, Musik, die mitreisst, die swingt, die vom Gospel getränkt ist, bluesig, erdig, da sind auch die Kinderlied-Melodien, die Singsang-Stücke, mit denen Ayler bekannt wurde. Es verstummt damit eine unglaublich kraftvolle Stimme, deren Musik nicht bloss von Schmerz und Pein zeugt, sondern auch voller Freude ist.

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Auf CD8 und CD9 der Holy Ghost-Box sind verchiedene Interviews mit Albert Ayler zu hören. Zu Beginn stehen zwei kürzere Gespräche, die Birger Jorgensen 1964 und 1966 für Afterbean, eine dänische Radio-Sendung, gemacht hat. Dann folgt auf dem Rest von CD8 ein langes Gespräch, das Daniel Caux am 27. Juli in Sain-Paul-de-Vence mit Ayler geführt hat – das wohl bekannteste Dokument von Aylers Stimme, abgesehen von seiner kurzen gesprochenen Einleitung zum Album „My Name Is Albert Ayler“.
Auf CD9 findet sich dann ein fast einstündiges Interview mit Kiyoshi Koyama vom Swing Journal, das am 25. Juli ebenfalls in Saint-Paul-de-Vence stattgefunden hat. Zum Ende ist ein viertelstündiges Interview mit Don und Mocqui Cherry zu hören, das Daniel Caux 1971 in Paris geführt hat.

In der exakten Chronologie stimmt da allerdings etwas nicht, denn Caux schreibt im „Holy Ghost“-Buch (S. 102), dass er sein Interview mit Ayler am Nachmittag des 25. geführt habe, als Ayler in seinem Bungalow auf dem Sopransax übte.

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Die bekannten Daten von 1970:

poss. 1970 – Sirrah’s House, Cleveland (mit Jimmy Laners & Bobby Few)
25. & 27. Juli 1970 – Konzerte in der Fondation Maeght, Saint-Paul-de-Vence
28. Juli 1970 – Konzert im Village Vacances Tourisme, La Colle sur Loup
8. August 1970 – Springfield, Mass. (mit Leroy Jenkins, Allen Blairman, Mary Maria)
Spätsommer 1970 – möglicherweise einige Konzerte in Kanada

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Steve Tintweiss endet seinen Text vom Dezember 2002 mit folgenden Impressionen:

Albert Ayler vocals, silent bagpipes conjure real life gremlin, involuntary levitation, vocal duets, autograph hounds, network TV news, Andre Verdet dinners, a beautiful lover, Paris, salvation, and a full-length movie of us!

Not even if we were to go „on Ed Sullivan“, or tour Japan, would the flight back be VIP. „Angels“, „Heart Love“, „Got To Work“, „Spirits“, „Holy Ghost“ – post concert sing „Summertime“ via Iceland. We did see the photos once. Back in New York. He was the best. Albert Ayler RIP.

~ Steve Tintweiss, December, 2002 Fresh Meadows Queens, New York City (Liner Notes von „Albert Ayler Live on the Riviera“, ESP-Disk‘ 4001, 2005)

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Dass zum 50. Geburtstag von Impulse in der 2-on-1-Serie auch eine Ayler-CD erschienen ist, dürfte mittlerweile hinlänglich bekannt sein. Die beiden gewählten Alben sind seltsamerweise „Love Cry“ und „The Last Album“. Ich habe mir bisher nicht die Mühe gemacht, die Remasterings von „Love Cry“ zu vergleichen, aber dasjenige Album, das sich zur Paarung mit dem bisher sehr schwierig zu findenden „The Last Album“ angeboten hätte, wäre natürlich „Music Is the Healing Force of the Universe“ gewesen, das während derselben Sessions entstand (mehr dazu hier). Zudem bedaure ich es sehr, dass die alte GRP-CD von „Love Cry“ durch eine neue Version abgelöst wurde, in der die tollen Bonustracks fehlen (mehr zu Love Cry).
Schön ist allerdings die Wiedergabe der Originalen Foldout-Cover im CD-Booklet, die Qualität ist knapp gut genug, dass man die Texte auch lesen kann.

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Auf der Ayler-Website findet sich übrigens inzwischen das vollständige Interview, das Nat Hentoff 1966 mit Albert und Donald Ayler geführt hat (die zuvor dort zu lesende Version war vermutlich eine gekürzte, nach Aylers Tod gedruckte Fassung):
http://www.ayler.co.uk/html/hentoff66.html

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