Re: Albert Ayler

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gypsy-tail-wind
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„Never try to figure out what happens, because you would never get the true message.“

So Ayler, gemäss Frank Kofskys Liner Notes zu „Love Cry“ (Impulse 9165)

„because money wasn’t strong enough“… der für mich berührendste Satz von Aylers gesprochenem Intro zu „My Name Is Albert Ayler“. „Summertime“ gehört für mich wie schon erwähnt zu den „kairos“, zu den prägenden, entscheidenden, Ohren und Augen und Welten öffnenden Momenten. Das kann ich auch heute beim Wiederhören, wohl etwa fünfzehn Jahre nach der ersten Begegnung, noch unschwer nachvollziehen. In seiner ungehemmten Expressivität, rohen Emotionalität, starken Schönheit, ist diese Aufnahme für mich absolut unvergleichlich!
Von den Begleitern mag leider einzig der damals noch sehr junge Niels-Henning Orsted Pedersen zu überzeugen, mit einem flexiblen Pizzicato-Spiel, das an Mingus und Pettiford gemahnt in seiner Ausdrucksstärke.

Ein paar frühere Aufnahmen existieren. Die allererste ist eine „oddity“: als Bonus-Disc in der „Holy Ghost“-Box findet sich eine eine CD vom 14. September 1960 aus Orléans mit Aufnahmen der 76th A.G. Army Band, mit der Ayler in Europa stationiert war (im Buch finden sich zudem ein paar Fotos aus jener Zeit sowie ausführliche Berichte). Ayler ist am Tenor in einer mittelschnell-balladesken Interpretation von „Tenderly“ zu hören. Gar nicht uninteressant, wie er im lyrischen Fluss soliert, ohne irgendwas zeigen zu wollen, sich vielmehr in die getragene Stimmung einpasst. Das zweite enthaltene Stück ist „Leap Frog“, eine boppige Nummer, in der Ayler ein paar kurze Solo-Spots hat.

Drei Stücke vom 30. Juni 1962 mit dem Quintett des finnische Gitarristen Herbert Katz finden sich zu Beginn der ersten CD von „Holy Ghost“. Die Begleitgruppe ist tighter als das Trio auf „My Name…“, Ayler wählte wohl die Stücke. Zum Auftakt „Sonnymoon for Two“, anscheinend die Nummer, mit der Ayler die Gunst Cecil Taylor gewann. Als zweites folgt „Summertime“, dann „On Green Dolphin Street“ – beides Lieblingsstücke von Ayler, die er auch in seiner Radio-Sendung (die dann als „My Name Is Albert Ayler“ als LP erschien) wieder spielen würde.

Leider hatte ich bisher keine Gelegenheit, die Aufnahmen vom 25. Oktober 1962 aus Stockholm zu hören. Laut Marc Chaloin, der den wohl ausführlichsten Bericht über die Jahre 1959-62 verfasst hat, waren die beiden Begleiter sehr viel offener für Aylers neuartige Musik (es handelt sich um den Bassisten Torbjorn Hultcrantz und den Drummer Sune Spangberg).

Eine ungekürzte Fassung von Marc Chaloins Text findet sich übrigens auf der Revenant Website:
http://www.revenantrecords.com/ayler/chaloin.html

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