Re: Albert Ayler

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gypsy-tail-wind
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Ich hab ein bisschen Mühe mit dieser heilsgeschichtlicher Lesart von Ayler… aber der richtige Widerspruch kommt allenfalls später, bin derzeit nicht in der Lage, ausführliche Gedanken dazu zu formulieren.

Finde redbeans‘ Äusserungen in #2 sehr schön, und habe auch meine Zweifel daran, wie stark Ayler sich konkret an Coltrane orientiert haben soll. Dass Coltrane die überragende Figur war, die ab 1965 begann, sich als Patron und Übervater der jungen Wilden aufzuspielen/einzusetzen, mit seiner Musik, auch den Durchbruch in diese weit draussen liegenden Gefilde wagte (wohl ohne, dass er jemals so weit rauskam wie Ayler? Andererseits waren sie beide ja sehr geerdet) – das alles steht wohl einigermassen zweifelsfrei fest.

Was nun die Musik Aylers betrifft… da höre ich verschiedene Phasen, nicht bloss tolle grosse freie, far-out Musik und am Ende eben… sondern so in etwa:

Frühwerk in Europa – „My Name Is Albert Ayler“ ist grossartig, die Version von „Summertime“ dort ist unübertroffen!

Dann die Zeit des Trios („Spiritual Unity“, „Prophecy“) und des grossartigen Quartetts mit Don Cherry („Ghosts“ und v.a. „Hilversum Session“ – letztere gehört für mich zum allerbesten von Ayler!)

Dann die Gruppe mit Don und Michael Samson an der Geige – das war ja damals äusserst problematisch, für eine schwarze Avantgarde-Band einen weissen und erst noch an der Violine dabeizuhaben – auch hier scheint Ayler zu keinerlei Kompromissen gewillt gewesen zu sein. („Greenwich Village“ auf Impulse, „Lörrach/Paris“ auf Hat, „Slug’s Saloon“ auf ESP, diverses in der „Holy Ghost“ Box, besonders die Sessions vom La Cave in Cleveland!)

Dann die Band mit Mary Maria Parks oder wie immer die auch hiess… ich dachte übrigens, mal irgendwo gelesen zu haben, dass ihr Einfluss denjenigen des Plattenlabels bei weitem überstiegen hätte? Weiss nicht mehr, wo das stand. Sehr schön aber schon entschieden anders als alles zuvor: die Aufnahmen aus der Fondation Maeght (am besten wohl die beiden Alben auf der Water-CD).

Zuletzt dann das Spätwerk auf den „kontroversen“ Impulse-Alben.

In diesem allzukurzen Überblick fallen „Goin‘ Home“ und „Witches and Devils“, „Bells“ und „New York Eye and Ear Control“ und ganz besonders „Spirits Rejoice“ zwischendurch… Anspieltipps für Neulinge wären meiner Meinung nach am ehesten: „Spiritual Unity“, „Spirits Rejoice“ und „Hilversum Session“.

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