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Giant Sand @ Manufaktur Schorndorf
„No more sloppy endings“
Zwar waren Stefan und ich um 18:00 an der Manufaktur, um den Soundcheck mitzuhören, nur leider war noch keine Band da.
Lonna Kelly ist erkrankt und mußte nach Stuttgart nachreisen b.z.w. vom Bahnhof abgeholt werden, und so gab es einen späten aber eindrucksvollen Soundcheck und um 21:30 konnte es dann ohne Vorprogramm losgehen.
Ein jazziges Standard, Fats Waller’s Ain’t miss behavin‘, war der Auftakt, gefolgt von „fields of green“ (mit einer „unüberhörbaren“ „kind of hush“ Referenz am Ende). Es folgten lauter Titel aus dem neuen Album und nicht nur ich, sondern auch meine Begleiterin (die ich vor 10 Jahren auf einem GS Konzert kennenegelernt hatte) waren hin und weg von dem formidablen Klang in der Manufaktur.
Nach meinem Lieblingtitel „The last time“ (einfühlsam begleitet von Anders auf der Slide und Nicolai Heyman am E-Piano) schwebte diese Liebeslied durch den Raum.
Nicolai ist live eine wirkliche Breicherung. Wie er mit dem E-piano und Gitarre die passenden Effekte gefühlvoll an den stets richtigen Platz der Songs einfügt. Das erinnert mich ein bischen an die hübschen Soundfills der Wilcokonzerte.
„Chunk of coal“ wurde im Jazzarrangement so sauber und tight gespielt, daß man es schon fast mit der Studioaufnahme verwechseln hätte können, und hier komme ich zu der überraschenden Neuheit:
Howe achtet auf punktgenaue Einsätze und das Timing am Ende, wie mir in einem späteren Gespräch Anders (Rhythm.gitarre) bestätigt hat.
Was zur Folge hat, daß die Band die folgenden 75 Minuten so konzentriert und tight spielt, dass wir uns die Augen reiben.
Natürlich blieb‘ Howe trotzdem immer noch Howe, aber die Ansagen waren kurz, die Einsätze sehr sauber, was zur Folge hatte, daß eine hohe Songanzahl in 90 Minuten gespielt wurde.
Abgeklärt oder steril wirkte es nicht, denn die Spielfreude war allen 5 deutlich anzumerken und Howe sehr sehr gut gelaunt.
Weiter ging es mit Monk’s Mountain, das in seiner Intensität und Lautstärke fast unmerklich immer weiter anzog und die Spannungsschraube nicht mehr los lies. In den letzten Takten konnte Howe mit seiner Akustischen die wunderbaren Soli und gezogenen Saiten auf Overdrive servieren und die Band kommt auf die Zehntelskunde genau zum Abschluß.
Danach werden die Countrysongs gespielt: Ride the rail (toller Molly Maguieres* sing along der Band), Lucky Star love & Erosion lassen den Puls wieder etwas runterfahren darf um dann mit einem kurzen Wall of sound das funkige Brand new swamp thing mit seinem Little Feat Shuffle zu starten. De Groove ging anscheinend nicht nur mir in die Beine, als ich mich nach dem Publikum umschaute.
Nun begann das tollste Triple meiner GS-Liverfahrung:
„October Anywhere“, „Valley or rain“ & „Tumble and tear“ liesen mich begeistert zurück, da ich die Titel noch nie auf einem Konzert gehört habe.
Thoger liess sein seinen Bass in „Valley of rain“ genauso trocken klingen wie Scott Garber vor 25 Jahren; der Refrain wurde von allen mitgesungen. Es war für mich ein Highlight des Abends.
Ein straight-rockiges Set, wie dieses, habe ich schon lange nicht mehr gehört.
Ich bekomme die gepielten Stücke nicht mehr in die Reihenfolge aber gegeben wurden inkl. 3 Zugaben noch increment of love, love a loser, no tellin, spellbound, time flies, ein Vic Chesnutt Song, shiver, thin line man & trickly down system.
(Besonders herausheben möchte ich „Time Flies“, das als Zugabe in klassischer Jazzmanier mit einem Uprightbassolo und einem Drumsolo von Peter aufwarten durfte.)
Wenn man die Anzahl der Titel ins Verhältnis zu den gespielten 90 Minuten setzt, kriegt man eine Ahnung, wie kompakt die Jungs auf der Bühne agiert haben. Kein Ausfransen, keine langen Geplänkel. Und all das bei einer perfekten Akustik.
Es war das zweitbeste Giant Sand Konzert innerhalb von 20 Jahren.
Zu guter Letzt konnten wir noch mit dem Fori Stefane einen netten Plausch an der Bar abhalten und mal wieder feststellen, wie kleine diese unsere Welt ist, b.z.w. wieviele gemeinsame Bekannte wir haben.
Heute gibt es in München den Nachschlag.
*
Molly Maguires:
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“It's much harder to be a liberal than a conservative. Why? Because it is easier to give someone the finger than a helping hand.” — Mike Royko