Re: 07.11.2010

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wolfgang-doebeling
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KICKS ON 45 & 33

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@ otis

Die Gründe dafür, daß Band-Sides nicht unter dem Band-Moniker, sondern als Solo-Singles veröffentlicht wurden, sind vielfältig. Hier war es die Angst vor Nimbus-Verlust. Brian wollte seinen besonderen Fave-Cut gern zu Single-Ehren kommen lassen, Capitol war nicht der Ansicht, er habe das Zeug zum Hit. Und lag damit ja auch richtig. Andererseits hätte „Caroline, No“ als offizielle Beach-Boys-45 sicher mehr Aufmerksamkeit/Airplay erhalten und so eine höhere Charts-Position erzielt. Im folgenden Jahr erschien aus ähnlichem Grund „Gettin‘ Hungry“ als Single von Brian Wilson & Mike Love. Bei London spielten noch andere Gründe eine Rolle für die Entscheidung, „In Another Land“, wiewohl Stones-Track, als Solo-45 von Bill Wyman zu veröffentlichen. Man war ’67 in den Staaten stark verunsichert, was die Verkaufsaussichten von Stones-Singles betraf. Der US-Markt tickte da ganz anders als der UK-Markt. Im UK war „Let’s Spend The Night Together“ ein Millionseller, in Amerika wurde die Single kaum gespielt, von vielen Radiostationen überhaupt nicht. Zu riskant (im TV mußte Mick „some time“ singen, wie Du weißt). Also drehte man die Single dort um, spielte „Ruby Tuesday“, das bald #1 war und sich rund drei Millionen mal verkaufte. Auf der Rückseite war freilich immer noch „Night Together“, eine (in US-Medien viel beklagte) Moralaufweichung via Flipside. Ebenso erging es den Stones dort mit der folgenden 45, wenn auch aus anderen Gründen: „We Love You“ erwies sich als wenig populär, dafür wurde „Dandelion“ zum Hit. „She’s A Rainbow“ auch, aber das erschien ja im UK ebensowenig wie „In Another Land“. Andere Beispiele (Dave Davies!) zeigen, daß sich aus solchen Charts-Strategiespielchen und Ausweichmanövern unverhofft Hits ergaben, die dann sogar zu Solo-Karrieren führten.

Keine Ahnung, warum Du „Appartment #9“ für einen „ausgefallenen Titel“ hältst. Diese Single ist nun alles andere als obskur. Was die Frage nach dem Ranking betrifft: normalerweise greift man bequemerweise auf bestehende Fave-Listen zurück, die dann allenfalls etwas aktualisiert werden. Diesmal habe ich mir den gesamten Pool von rund 400 Singles dieses Jahrgangs nochmal vergegenwärtigt und vergleichsgehört, habe neu evaluiert. Was nichts an der Top20 änderte und wenig an der Top40, aber dahinter schon einiges. Diverse alte Faves wurden (relativ zu anderen!) leicht zurückgestuft, vieles aufgewertet. An Boden verloren haben zum Beispiel „Gone For Good“, „Get Ready“, „Happy Jack“, „Richard Cory“ und „Hold On, I’m Coming“. Bin mal gespannt auf Deine Top40. Vielleicht trauen sich ja noch andere „Roots“-Hörer und Singles-Eigner mit ihren Fave-Listen aus dem Versteck.

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