Re: Dexter Gordon

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gypsy-tail-wind
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alexischickeWas bietet denn die Blue Note Box von Dexter?

Na, die Blue Note Alben eben ;-)

(Ohne das späte „The Other Side of Round Midnight“)

Wenn Dir „Go“ so sehr gefällt solltest Du Dir unbedingt das „companion album“ A Swingin‘ Affair mit derselben Band besorgen! Dexter spielt da u.a. „Don’t Explain“ und eine tolle Eigenkomposition namens „Soy Califa“. Aufgenommen wurde das Album zwei Tage nach „Go“.
Ich hab’s anderswo schon erwähnt, dass ich das erste der Blue Notes wohl das beste finde: Doin‘ Alright mit dem Trio von Horace Parlan und dem jungen, ungestümen Freddie Hubbard (Hubbard-Gordon waren auch die Frontline von Herbie Hancocks Debut-Album Takin‘ Off).
Das zweite Blue Note Album Dexter Calling ist im Quartett mit Kenny Drew entstanden. Mit Philly Joe Jones und Paul Chambers hat es einen härteren Groove, der mir sehr gefällt, für Dexter aber insgesamt eine Spur weniger ideal ist.
Dann folgten die Sessions für das „odds & ends“ Album Landslide (dessen Titelstück stammt noch von der Session mit Drew), zwei kurze (abgebrochene) Sessions, die erste mit Tommy Turrentine, Sir Charles Thompson, Al Lucas und Willie Bobo, die zweite mit Dave Burns, Sonny Clark, Ron Carter und Philly Joe (je drei Stücke). Dazwischen fand auch eine Dexter/Sonny Stitt Session statt, von der nur ein Stück erhalten ist. Die Band hier ist das Trio von Stitt mit Don Patterson, Paul Weeden und Billy James – eine Session, die wohl (wie Stitts Einstellung gegenüber Aufnahmen/Alben) der Auffassung von Alfred Lion diametral entgegenlief. Stitt nahm danach nie wieder für Blue Note auf.
Dann folgen die Sessions mit Clark/Warren/Higgins, Go und A Swingin‘ Affair. Danach ging Dexter nach Paris – in der Box sind ausführlich die Korrespondenzen von Lion/Wolff und Dexter zitiert! – und dort entstand dann 1963 Our Man in Paris (mit den „Three Bosses“: Bud Powell, Pierre Michelot & Kenny Clarke) und im folgenden Jahr mit Donald Byrd, Drew, NHOP und Art Taylor One Flight Up – ersteres zählt für mich zu den grossen Klassikern, letzteres macht grossen Spass, besonders mit dem für Dexter atypischen 18-minütigen „Tanya“… Byrd schlägt sich wacker, aber Taylor lässt die Tempi wie so oft wanken. Kein grosses Album aber doch eins, das ich immer mal wieder gern höre.
Im Mai 1965 entstanden dann an zwei aufeinanderfolgenden Tagen die letzen Blue Note Alben von Gordon, Clubhouse und Gettin‘ Around. Ersteres blieb lange in the can. Die Band besteht bei beiden aus Barry Harris, Bob Cranshaw und Billy Higgins, auf dem ersten Freddie Hubbard und auf dem zweiten Bobby Hutcherson. katharsis ist ein grosser Fan des Albums mit Hutcherson, für mich sind beide eher ein hübscher Ausklang dieser Jahre als Highlights. Es gibt aber manche guten Momente, etwa Ben Tucker, der auf seinem „Devilette“ Bass spielt (Hubbard-Session), eine ganz wunderebare Version von „Manha de Carnaval“ und ein schönes „Shiny Stockings“ (Hutcherson-Session) und natürlich weitere grossartige Balladen: „I’m a Fool to Want You“ (Hubbard-Session) und „Who Can I Turn To“ (Hutcherson-Session).

Auf Blue Note erschien übrigens später auch noch ein Live-Mitschnitt aus dem Jazzhus Montmartre mit Drew, NHOP und Taylor, unter dem Titel The Squirrel – kein grossartiges Album, aber ein schönes Dokument, und Taylor gibt für einmal im besten Sinne richtig Gas!

Mit den Steeplechase-Alben hab ich mich überdies noch gar nicht beschäftigt, die Studio Trios/Quartette-Box hab ich bisher noch nie zu einem guten Preis angetroffen und zögere sowieso, und Live-Alben gibt’s so viele, dass ich gar nicht wüsste, wo anfangen mit denen!

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