Re: From Soul & R&B to Jazz… and more!

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friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

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Hallo Gipsy,

großartig, Deine Ausführungen! Ich habe leider nicht die Zeit, mich ausführlich damit zu beschäftigen.

Ich denke die Grenzziehung zwischen Soul, R&B und Jazz ist sowieso willkürlich. Die Übergänge sind fließend und wahrscheinlich wird es der Materie gar nicht gerecht, wenn man „reine“ Formen (hier Jazz, dort R&B, was ja meist auch heißen soll: hier Kunst, da Unterhaltung) auszumachen versucht und Abweichungen davon als irgendwie hybride Formen bezeichnet. Man könnte auch das vermeintlich „Hybride“ als das eigentlich „Reine“ bezeichnen und alles andere als Ausreißer nach links oder rechts. Das trifft nicht nur auf ältere Sachen zu – Louis Jordan und Earl Bostic würden mir spontan einfallen – das findet man auch später immer wieder. Viele hatten wir schon (Blakey, Cannonball, Silver), ich würde auch noch Herbie Hancock ins Spiel bringen (angefangen bei WATERMERLON MAN über FAT ALBERT ROTUNDA und HEADHUNTERS bis zu ROCKIT), Miles Davis (ON THE CORNER, JACK JOHNSON usw.), in den späten 60ern und frühen 70ern gab es massenhaft Sachen, die irgendwo zwischen „Jazz“ und „Funk“ zu verorten waren, dann CTI und selbst die schrägsten Avantgardisten wie Sun Ra, Roland Kirk oder Lester Bowie haben teils auch die bodenständigste R&B-Musik gemacht, oft, ohne dass man wirklich entscheiden kann, wo das eine aufhört und das andere anfängt. Beim Swing kann man sowieso nicht sagen, was da Kunst oder Entertainment ist und im Latin Jazz weiß kein Mensch, was profane Tanzmusik oder große Kunst ist. Ich selber mache da eigentlich auch keinen Unterschied.

Etwas weiter unten findet sich ein Thread namens HIT THE ROAD JACK, in dem sich ein Purist meinte abfällig über die auf der gleichnamigen Kompilation versammelten Musik äußern zu müssen. Ich denke er hat mit seinem Beitrag einfach das Thema verfehlt. Schade!

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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)