Re: Emily Jane White – Ode To Sentience (2010)

#7750297  | PERMALINK

carrot-flower
Moderator

Registriert seit: 26.09.2007

Beiträge: 3,122

So. Nach etwa einem Dutzend Durchgänge weiß ich endlich, wie mir das neue Album gefällt. Ein bisschen schiele ich noch wehmütig in Richtung Vergangenheit, ein bisschen wohlwollend in Marschrichtung (Marty Feldman Hilfsausdruck). Es geht sehr klassisch zu auf diesem Album, White experimentiert nicht mehr so viel oder nicht mehr auf so offensichtliche Weise, es gibt weniger Brüche. Anfangs hat mich das enttäuscht, ich mag ja beispielsweise den Quasi-PJ-Harvey-Track „Red Dress“ sehr gern, oder das plötzlich losgaloppierende „The Demon“. Andererseits wirkt „Ode To Sentience“ so geschlossen, souverän und in sich stimmig, dass ich dahinter einen ganz bewussten Entschluss wittere; Emily Jane scheint endgültig ihre eigene Sprache gefunden zu haben, und das imponiert mir so, dass ich es nicht schade finde, dass bestimmte Möhren-Schlüsselreize spärlicher sind. Dennoch sind es nach wie vor die etwas wuchtigeren Tracks, die mir auf diesem Album besonders zusagen (etwa „The Preacher“ mit seinem wummernden Bass oder der angewilderte „Requiem Waltz“).

Was ich bei ihr besonders spannend finde, ist der diskrete Lärm, wie ihn auch Nina Nastasia einsetzt, wenngleich mit anderer Wirkung. Die Musik wirkt so sanft, diese Stimme so unaggressiv, dass man leicht überhören kann, was sich Beunruhigendes im Hintergrund tut. Oft dröhnen Gitarre, Bass und Becken durchaus krawallig und schaffen eine gewisse Gewitteratmosphäre, über der Stimme und Melodie schweben. Diese Eigenart, die sich durch alle Alben zieht und ohne die mich diese Mädelmusik vielleicht langweilen würde, ist mir erst durch „Ode To Sentience“ so richtig klargeworden.

Favoriten: Black Silk, The Black Oak, I Lay To Rest (California), The Preacher, Requiem Waltz (also schon mal locker die Hälfte des Albums).

--

the pulse of the snow was the pulse of diamonds and you wear it in your hair like a constellation