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ferryDanke für das Angebot zur Vinyl- Hilfe (ich schick Dir noch eine PN).
Zu deinen Höreindrücken:
Neben dem Titeltrack „Free for All“ ist auf dem Album ja auch noch das Stück „The Core“, das ich schon auf einem ähnlichen Niveau höre. Elvin Jones ist da wirklich (vom Feeling) nicht sehr weit weg. Ich habe da zuerst sogar an das Second Quintet und Tony Williams gedacht. Das Versprechen, von dem Du schreibst, würde ich aber schon durch diese beiden Stücke als eingelöst betrachten! (da ich die Platte aber erst seit kurzem kenne, bin ich mir da noch nicht ganz sicher).
Die Drums wurden ja etwas nach vorne gemischt, so dass der Sound allein schon deswegen etwas mächtiger ist. Aber, diesen Drumsound muss man auch erst mal bringen!
Gegenüber Hubbard und Shorter geht Curtis Fuller etwas unter, da stimme ich Dir zu. Er hatte es wahrscheinlich auch schwer, weil man auf der Posaune ja doch nicht so exzessive Soli blasen kann wie auf einer Trompete oder dem Saxophon.
Auf dem Papier könnte man sich, wie Du es getan hast noch eine idealere Besetzung der Band zusammenstellen. Aber das ist natürlich spekulativ, und ich denke mit dem vorliegenden Ergebnis kann man schön äusserst zufrieden sein!
(BTW: hat Blakey eigentlich noch mal so was ähnliches gemacht, wie dieses Album?)
„The Core“ hatte ich oben ja auch herausgegriffen, bin aber nicht explizit darauf eingegangen. Ich finde, dass die Band an die Dichte und Intensität von „Free for all“ kratzt, aber doch nicht wirklich herankommt. Auch „Hammer Head“ ist auf einer anderen Ebene. Ich wollte das Album als Ganzes auch nicht abwerten, mir ist nur nach erneutem Hören aufgefallen, dass doch Unterschiede zwischen den einzelnen Stücken spürbar sind. Hauptsächlich betrifft das aber nur die Intensität, denn das spielerischer Feuer, der Eifer und die Emotionalität höre ich in allen vier Stücken und ich wehre mich auch etwas, Shorter als den ‚Star‘ der Session herauszugreifen, so wie es etliche Rezensenten tun. Hubbard trägt für mich gleichermaßen zum Gelingen bei und ich wage zu behaupten, dass ein ähnliches Erlebnis mit Lee Morgan nicht möglich gewesen wäre.
Dazu noch zu Fuller. Beide passen zur Band, prägen den Sound und tragen auch maßgeblich zum Gelingen bei – insbesondere, da das ja eine working band und keine für eine Einspielung zusammengestellte Band war. Trotzdem wäre es der Musik als Gesamtkonzept zugute gekommen, auf den trägeren Posaunensound zu verzichten um damit den beiden anderen Hörnern mehr Raum zu geben. Das hat nichts mit der Versatilität des Musikers zu tun, aber die Posaune nimmt einfach Fahrt raus.
Mit der Besetzung von Walton hat sich Blakey einen Gefallen getan, da die Musik sich nicht zuletzt durch Walton konträr zur zeitgleich stattfindenden Entwicklung des Jazz hin zu ‚leichterem‘ Soul Jazz in eine ’schwergewichtigere‘ Richtung entwickeln konnte. In engen konventionellen Grenzen ist die Entwicklung, die Blakey mit Shorter/Hubbard/Walton beschritt demnach eigentlich ein mutiges Manöver.
„Free for all“ ist für Blakey und das, was man ihm vielleicht zutraute ein Opus magnum, das es so nicht zu toppen geht. Entsprechend schwierig ist es auch, LPs zu finden, die diesen Geist versprühen. Direkt anschließend entstand ja „Kyoto“, die ich zwar auch besitze, aber gar nicht präsent habe. Wäre spannend nachzuhören, ob sich die Energie darauf übertragen ließ.
„Indestructible“, wie von gypsy vorgeschlagen, ist mit Sicherheit eine gute Wahl, da Shorter und Fuller noch gemeinsam zu hören sind. Ich würde dagegen eher „Buhaina’s Delight“ antesten, um nachzuhören, wie sich das Dreigestirn Hubbard/Shorter/Fuller zur Klimax auf „Free for all“ entwickelt hat. Außerdem findet sich darauf eines der besten Blakey-Solos, das mich aufgrund der Time und der aufbauenden Dramaturgie jedes mal auf’s Neue fertig macht. Das vorherige „Caravan“ ist leider schon wieder weit konventioneller geraten.
Die übrigen Sessions mit Lee Morgan wären dann wieder ein anderes Thema. Wirklich wunderbar finde ich auch die beiden „Meet you at the Jazz corner of the world“-Sessions. Da erreicht die Band auch des öfteren eine ansteckende Dynamik und ein gewisses Feuer, das aber nicht so roh ausfällt, wie bei „Free for all“.
Die Limelight-Sessions, die gypsy präventiv anführte, haben zwar durchaus auch ihre Momente und ich mag auch den Beitrag von Chuck Mangione, aber etwas ketzerisch gesagt, muss man die nicht kennen (sofern man noch nicht alle Blue Notes kennt).
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"There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III