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Im Herbst 1958 fing die Messengers Maschinerie wieder zu laufen an – Benny Golson war als neuer Tenorsaxophonist und als musikalischer Leiter engagiert worden, Lee Morgan, der neue Star am Trompetenhimmel, Pianist Bobby Timmons und Bassist Jymie Merritt verschmolzen zur nächsten grossen Ausgabe der Jazz Messengers.
Moanin‘ (BLP 4003) heisst die Studio-Platte, die uns diese Gruppe hinterliess und schon im eröffnenden Titelstück wird klar, dass wir es hier mit einer grossartigen Band zu tun haben. Timmons‘ Nummer ist einer der ganz grossen Hardbop-Klassiker, Morgan hebt zu einem grossartigen Solo ab, einem der grossen Momente des Jazz überhaupt! Die Übergabe an Golson folgt mit einer Phrase, die dieser aufgreift und daraus sein Solo spinnt. Timmons‘ Piano-Solo hat sich schon seit Jahren in meinem Kopf festgesetzt…. und auch Merritt zeigt am Bass seinen tollen, erdigen Sound und guten Groove. Die folgenden vier Stücke stammen allesamt von Benny Golson: „Are You Real“ (klingt fast wie ein Pop-Song – und es gibt ein weiteres tolles Bass-Solo zum Abschluss), „Along Came Betty“ (eins von Golson schönsten Stücken, Morgan einmal mehr grossartig), die „Drum Thunder Suite“ (Teil 1: Drum Thunder; Teil 2: Cry a Blue Tear; Teil 3: Harlem’s Disciples – das grosse Blakey-Feature des Albums) und „Blues March“ (einer von Golsons grossen Hits und der Komponist glänzt mit einem grossartigen Solo). Zum Ausklang folgt dann der Standard „Come Rain or Come Shine“. Die CD enthält zudem einen Alternate Take des Titelstückes (mit einem eindeutig weniger tollen Trompetensolo aber ähnlich guten Tenor- und Piano-Spots wie im Master).
Am 2. November standen die Messengers ohne Golson bereits wieder im Studio. Die Session wurde erstmals 1999 unter dem Titel Drums Around the Corner in der Connoisseur Serie aufgelegt. Rudy Van Gelder war zwar zur Stelle, aber für die zweite grosse Drums-Session traf man sich wieder im New Yorker Manhattan Towers Studio. Die Gast-Drummer waren: Philly Joe Jones (d,timp), Roy Haynes (d) und Ray Barretto (cga). Die Stossrichtung ist eine wesentlich andere, von Blakeys Drum-Orgien ist das hier das eine Album, das zugleich auch eine Jazz Messengers Angelegenheit ist. Morgan und Timmons sind mit tollen Soli präsent und auch Merritt lässt immer wieder von sich hören. Zudem sind die Drum-Parts viel jazziger und weniger Latin-(oder Afro-)lastig als bei Blakeys anderen Drum-Alben.
Art Blakey was always fascinated with the musical and rhythmic possibilities of drum ensembles. In 1956, Art convinced Columbia Records to give him the green light to record half of an album with a large drum ensemble, hand picking some of the greatest Latin and jazz percussionists of all time. Between 1957 and 1962 Art recorded four more drum ensemble sessions for Blue Note. Five albums were released: An Orgy in Rhythm Vols. 1 & 2 (1957), Holiday for Skins Vols. 1 & 2 (1958) and Afro Drum Ensemble (1962). I have no clue as to why this 1958 session was never released. To my ears, it’s the most organized and musically varied. Blakey was never happy with the drum ensemble recordings. He’s told me that there were „too many egos“ and that he felt that the drummers didn’t play as well as they could have. He never elaborated on any specific person or incident that drew him to that conclusion. It is interesting to note that the amount of Latin percussionists was cut to one. If Art were still alive, I think that he would be happy with the results of this date if he picked three other percussionists that he knew he could count on to really create something special.
All four of these masters were at the top of their games and in demand. Any musician who was lucky enough to obtain their services was sure to have a good recording or gig.~ Kenny Washington, Liner Notes zu „Art Blakey – Drums Around the Corner“, Blue Note 21455, CD 1999
Im Stereo-Spread sind Philly Joe und Blakey im rechten, Haynes und Barretto im linken Kanal zu hören. Blakeys Drums sind die am tiefsten gestimmten, Haynes hat den scharfen, kompakten Snare-Sound und Philly Joe den hellsten Sound der drei. Während der Soli von Morgan und Timmons spielt fast immer nur einer der drei.
Charlie Parkers „Moose the Mooche“ öffnet mit den Drummern, die zu viert das Thema spielen – eine sehr tolle Idee! Im zweiten Chorus übernehmen dann Morgan, Timmons und Merritt – hinter ihnen spielen Philly Joe und Barretto. Timmons spielt das erste Solo, zuerst von Haynes begleitet, dann übernimmt Blakey mit einem typischen Roll. Hinter Lee übernimmt dann Philly Joe. Nach Barrettos Conga-Solo folgt Haynes, dann Philly Joe und schliesslich Blakey. Lee spielt erneut das Thema (Blakey die Bridge), dann hätten die Drummer mit dem Thema enden sollen… aber Philly Joe fand, die Musik sei so gut, dass er eine weitere Runde von Solos begann. Haynes ist der zweite Solist und gemäss Kenny Washington ist das hier eins seiner besten jemals aufgenommenen Soli. Blakey folgt, dann übernimmt Philly Joe an den Kesselpauken, gefolgt von Exchanges, bis das Thema wiederholt und die Performance mit einer kurzen Drum-Coda beendet wird. Das Stück ist mit einer Viertelstunde lang geraten, macht aber grossen Spass!
Das zweite Stück der Session ist „Blakey’s Blues“, das mit einem von Arts berühmten Press Rolls beginnt. Merritt walkt für zwei Chorusse (mit Philly Joes Hi-Hat im ersten, Blakey im zweiten), dann folgen Timmons und Morgan (beide mit Blakey). Wunderbar, wie Morgan hier sein Solo aufbaut, ganz langsam Intensität erzeugt, Spannung aufbaut. Im dritten Chorus zitiert er Nellie Lutchers „Real Gone Guy“, im siebten schaltet er einen Gang hoch, Blakey geht sofort mit. Für die Drummer ist das ein schwieriges Tempo, um zu solieren, aber das stört die Cracks hier überhaupt nicht. Jones, Haynes, Barretto und Blakey spielen je einen Chorus, dann folgt nochmal Merritt und die Drummer beenden das Stück… on the road to Soulsville.
„Lee’s Tune“ ist ein 32-taktiges Morgan-Original mit einer hypnotischen Stimmung. Morgan spielt ein sehr tolles Solo, Blakey begleitet ihn – und das hier ist das perfekte Tempo für ihn… wenn Blakey einmal in Fahrt ist gibt es für ihn in diesem Tempo kein Halten mehr! Barretto zeigt hier, wie man den Drummern nicht in den Weg kommt und auch an den Congas swingen kann. Philly Joe, Haynes und Blakey sind die Solisten.
„Let’s Take 16 Bars“ wird Blakey zugeschrieben, Kenny Washington ist sich aber sicher, dass es ein Lee Morgan Stück ist. Die Drummer spielen wie im Parker-Stück zu Beginn das Thema, aber jeder hat seinen Part, das ganze baut sich zu einer Art Pyramide auf. Blakey spielt den Beat während Ray, Philly Joe und er selbst je 16 Takte spielen, dann solieren Morgan und Timmons, gefolgt von Fours von den Drummern, in der Reihenfolge Blakey, Haynes, Philly Joe. Morgan kommt wieder mit dem Thema und das Stück endet donnernd.
Blakeys „Drums in the Rain“ wird von Barretto eröffnet, der immer wieder in einen 6/8-Beat fällt. Haynes folgt (mit Mallets), Blakey übernimmt, indem er Haynes‘ letzte Hi-Hat-Phrase wiederholt, Jones übernimmt dann auch wieder mit dieser Phrase. Blakey wechselt dann das Tempo und eine Drum-Konversation folgt, in der Reihenfolge Blakey, Barretto, Blakey, Haynes und Jones.
Mit „Lover“ folgt zum Abschluss der fast schon obligate Standard, das Tempo ist unglaublich schnell und Morgan spielt ein grossartiges Solo – achtet man genau, kann man hören, wie er tief Luft holt zwischen den wunderschönen langen Phrasen, die er spielt. Die Reihenfolge der Drum-Solos ist Haynes, Jones, Blakey und Barretto. Und Am Ende kriegt Blakey nochmal die Bridge.
Die Session ist ziemlich lang, aber für zwie LPs hätte sie nicht gereicht, „Let“s Take 16″ und „Lover“ sind mit sechs bzw. sieben Minuten die kürzesten Stücke, „Lee’s Tune“ ist 8:22, „Drums in the Rain“ und „Blakey’s Blues“ sind beide elf und „Moose“ ist fünfzehn Minuten lang. Auf der CD sind als Bonus die beiden Duos von Blakey und Paul Chambers vom 29. März 1959 zu finden, von denen das eine auf der CD „Blue Berlin“ erschienen ist und beide danach auch im „Mosaic Select“ von Paul Chambers.
Ich pflichte jedenfalls Kenny Washington bei, dass das hier möglicherweise die beste von allen Blakey Drums-Sessions ist – Morgan ist grossartig, die etwas kleinere Band kommt gut und die Musik ist unglaublich reichhaltig, da ist das funky „Lee’s Tune“, das lange „Moose the Mooche“, das halsbrecherische „Lover“ oder das unglaublich stimmungsvolle „Drums in the Rain“… und natürlich sind mit Blakey, Haynes und Jones drei der allerbesten Jazz-Drummer zugange!
Etwas anders als die anderen Drums-Alben ist das 1962 (nach etwas über drei Jahren Pause) entstandene „African Beat“ – der Titel gibt schon dire Richtung an, in die die Musik geht – doch dazu mehr zu seiner Zeit.
Eine Woche später fand wieder im Manhattan Towers mit Van Gelder die nächste Drum-Session statt, die als Holiday for Skins Vols. 1 & 2 (BST 84004/5) erschienen ist. Die Jazz-Musiker waren Trompeter Donald Byrd, sowie zwei Rückkehrer von „Orgy in Rhythm“: Pianist Ray Bryant und Bassist Wendell Marshall. Von den Jazz-Drummern wawr Philly Joe Jones erneut dabei, von der „Orgy in Rhythm“ Gruppe war zudem Art Taylor wieder mit von der Partie. Die Latin-Perkussionisten waren Ray Barretto (von „Drums Around the Corner“), Sabu Martinez (von „Orgy in Rhythm“, an Bongos und Congas) sowie Chonguito Valdes (wie Barretto an Congas zu hören), Victor Gonzalez (Bongos), Andy Delannoy (Maracas und Cowbell/Cencerro), Julio Martinez (Congas und Schlaghölzer), sowie Fred Pagan Jr. (Timbales). Wir haben also drei Jazz-Drummer, eine siebenköpfige Latin-Rhythm-Section, sowie drei Jazzer – dreizehn Leute, so viel wie in einer kleinen Big Band und noch eine Person mehr als auf „Orgy in Rhythm“, der zweitgrössten Drum-Session. Blakey, Jones, Sabu, Austin Cromer und Hal Rasheed sind zudem in einigen Nummern mit „chants“ zu hören.
Ray Bryant brachte zwei Stücke mit, „Swingin‘ Kilts“ und „Reflection“ (beide von Vol. 2), die restlichen sechs Stücke erarbeitete Blakey wie schon bei der „Orgy in Rhythm“ direkt in der Session – die von elf Uhr abends bis fünf am nächsten Tag dauerte.
Joe Goldberg, der die Liner Notes verfasste – sie geben keinen klaren run-down der Solisten und ich wage mich da nicht allein dran – sass mit Blakey zusammen und hörte die Musik an:
As we listened to the records, Blakey continually heard things that made him laugh with delight – never his own work – and asked to hear that passage again. Philly Joe’s vocal on „The Feast“; Sabu’s cavalry-like entrance on „Reflection“; the exchanges between drummers on „Kilts“ (the one tune on which the Latin rhythm is not present); the amazing support Blakey receives on „Dinga,“ where he solos alone with the Latin rhythm section; Donald Byrd’s solo on „Reflection,“ surely one of his best; and above all, teh constant interplay of rhythms.
~ Joe Goldberg, Liner Notes zu „Art Blakey – Holiday for Skins (Vols. 1 & 2), Blue Note BLP4004/5, BST 784004/5
Die Rhythmen sind nach dem öffnenden chant in „The Feast“ sofort sehr dicht, Donald Byrd hebt ab zu einem Solo, Marshall spielt eine simple Bass-Figur, über die danach auch Bryant soliert, bevor die Drummer übernehmen. „Aghano“ ist mit genau sechs Minuten das kürzeste Stück, der Groove ist auch hier afro-kubanisch (mit starken Afro-Elementen), Bryant repetiert ein Riff, darüber folgt wieder der Chor, dann übernimmt die Latin-Rhythmusgruppe, bevor sich die Jazz-Drummer langsam wieder einschleichen und zu solieren beginnen. Was auffällt im Vergleich mit der vorangegangenen Session ist nicht bloss die deutlich weniger Jazz-orientierte Ausrichtung der Musik sonder vor allem, dass die Band hier viel mehr als Gruppe agiert, der einzelne Solist weniger Freiraum geniesst.
Die zweite Hälfte von Vol. 1 beginnt mit „Lamento Africano“. Wieder spielt Marshall eine simple Bass-Figur, Bryant soliert darüber, die Latin-Drummer und der Chor gesellen sich einer nach dem anderen dazu. Mit „Mirage“, dem längsten Stück der Session (es dauert 10:27, die meisten Sttücke dauenr zwischen 8-9 Minuten), endet Vol. 1. Donald Byrd ist als erster zu hören, mit einem schönen Solo, das wohl von Blakey begleitet und getrieben wird. Bryant folgt, der (die?) Drummer hält sich zurück. Dann folgt eine Reihe von Solos: Drums, Congas (Barretto wohl), Drums, dann Sabu mit den Sticks auf seinen Bongos, dann der dritte Drummer (man könnte die drei sicher identifizieren wenn man das mehrmals hören würde… meine Vermutung: Jones, Blakey, Taylor – aber ich bin keinesfalls sicher). Zum Ende ist dann nochmal Donald Byrd zu hören – er spielt sehr schön, aber es fehlt am speziellen Funken, der bei Lee Morgan eine Woche zuvor mehrfach übergesprungen ist.
Vol. 2 beginnt mit „O’Tinde“ ist eine weitere Perkussions (und Chanting)-Nummer, die Jazz- und Latin-Rhythmen verzahnen sich zu einem dichten Geflecht. In welcher Reihenfolge die Jazzer solieren, da wage ich wieder keinen Tipp, dazu müsste ich das ganze schon etwas genauer studieren (oder mindestens mal versuchen rauszurkriegen, wer wo im Stereo-Spread steckt).
Es folt Ray Bryants „Swingin‘ Kilts, nur von den Jazzern gespielt (also drei Drummer plus mal wieder Byrd, Bryant und Marshall). Der Groove ist typisch Bryant, ein Gospel-getränktes Intro, dann eine typische Hard Bop (oder fast schon Soul Jazz) Linie mit satten, süffigen Akkorden, über die Byrd ein sehr schönes, äusserst lyrisches Solo bläst – lyrisch dank seiner Phrasierung und Intonation, denn er packt durchaus einige Hard Bop Klischees rein. In welcher Reihenfolge die Drummer sich hier austauschen weiss ich auch wieder nicht, aber es macht grossen Spass, die Jazzer mal unter sich zu hören!
„Dinga“ wird von einem Bass-Lick von Marshall getragen, darüber legt die Latin-Section einen dichten Teppich aus Rhythmen, und Blakey ist der einzige Solist.
Ray Bryants „Reflections“ ist noch eine überaus typische Bryant-Nummer, wieder mit Piano-Intro (über Bass, Drums, Bongos und sonst noch das eine oder andere an Perkussion. Und auch hier gefällt Byrd mit einem sehr, sehr schönen Solo, das sich perfekt in die Stimmung einfügt, sehr eng am Thema bleibt aber dennoch in scheinbar endlosen Linien eine ganz eigene Geschichte erzählt. Es folgt Bryant, dann die Perkussionisten und Drummer… der durchgehende Bongo-Beat (der übrigens das Tempo anzieht) ist wohl Sabu (und nicht Art Taylor… aber vielleicht hat der ja hier dirigiert?) – jedenfalls ein Highlight zum Schluss des zweiten Albums, das wohl insgesamt etwas mehr Spass macht (was vielleicht an Bryants beiden Kompositionen liegt, auch am einen Stück ohne die Latin-Musiker, aber auch am tollen „Dinga“.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba