Re: Art Blakey & The Jazz Messengers

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Blakeys erste Aufnahmen entstanden mit der Big Band von Billy Eckstine (1944-46), im Oktober 1946 nahm er an einer Session Teil, bei der Earl Coleman bzw. Ann Baker sangen, die Band bestand aus Miles Davis, Gene Ammons, Linton Garner, Connie Wainwright, Tommy Potter und eben Blakey – kenne ich nicht, gibt’s bei Black Lion auf CD und soweit ich weiss auch auf einigen Bootlegs (einen davon hat glaub ich mein Vater mal irgendwoher nach Hause gebracht, muss ich mir mal ansehen wenn ich das nächste mal dort bin).

1947 begann Blakey dann, auf klassichen Bop-Sessions zu spielen: mit Thelonious Monk war er im Oktober sowohl mit einem Sextett als auch im Trio an Blue Note Sessions beteiligt, die für Monk den Grundstein legten. Im November folgte eine dritte Session im Quintett, im Dezember folgten dann Savoy-Sessions mit Fats Navarro (Charlie Rouse spielte da mit – der war ja schon längst ein Veteran, als Monk ihn Ende der 50er ausgegraben und angstellt hat) und mit Dexter Gordon (mit Leo Parker, Tadd Dameron spielte auf beiden Sessions Piano).

Im Dezember nahm Blakey dann für Blue Note seine erste Session als Leader auf – mit einem Oktett, das aus Kenny Dorham (t), Howard Bowe (tb), Sahib Shihab (as), Orlando Wright (aka Musa Kaleem) (ts), Ernie Thompson (bari), Walter Bishop, Jr. (p) und LaVerne Baker (b) bestand. Vier Bop-Stücke mit arranger’s touch entstanden, Shihab, Dorham und Kaleem steuerten schöne Soli bei. Die Stücke stammten von Dorham („The Thin Man“), Talib Dawud („Bop Alley“ – Dawud spielte Trompete, u.a. in der Big Band von Dizzy Gillespie) und Musa Kaleem („Groove Street“ und „Musa’s Vision“).
Dorham klingt noch etwas mehr nach Dizzy und Navarro als später, sein Ton ist satter, flächiger. Die Überraschung ist jedoch Shihab, der in bester Parker-Manier schöne Altsoli bläst – er hat ja später auf dem Barisax, der Flöte und auch dem Sopransax zu einer eigenen Persönlichkeit gefunden, aber wenn man ihn hier hört, ist es doch zu bedauern, dass er nicht länger beim Altsax geblieben ist!

Es folgten Sessions mit Ida Hunt, James Moody (die 1948-10-25 Blue Note Session in grösserer Besetzung, die ich noch nie gehört habe – mal nachschauen ob ich die irgendwo habe… Quadromania?), Lucky Millinder (mit Annisteen Allen übrigens, zwei Stücke, 1949-02-15 – kenn ich auch nicht), Big John Greer, Gil Fuller (eine Savoy-Session mit Big Band, die spannend aussieht, 1949-06-11 u.a. mit Dave Burns, Jimmy Heath, Shihab, Billy Mitchell, Cecil Payne, Milt Jackson und Percy Heath).

Im Februar 1950 geht’s dann weiter mit Bop-Sessions: Mit Kenny Drew und Tommy Potter begleitete Blakey Sonny Stitt auf einer seiner schönsten Prestige-Sessions, im April nahm er mit Sonny Stitt/Gene Ammons auf und in derselben Zeit spielte er live mit Miles Davis und Charlie Parker (es gibt einige Airchecks auf Boris Roses Labels). Das Jahr endete wieder im Quartett mit Stitt, diesmal mit Junior Mance und Gene Wright.

1951 spielte Blakey im Sextett von Dizzy Gillespie (mit Coltrane, Jackson, Billy Taylor und Percy Heath). Zudem entstnden Aufnahmen mit Dinah Washington, Gene Ammons, Sonny Stitt, Illinois Jacquet, Zoot Sims, Bennie Green und wieder mit Monk. Im Oktober nahm Miles Davis sein Prestige-Album „Dig“ auf – mit Jackie McLean, Sonny Rollins, Bishop, Potter und Blakey. Einige Elemente, die den Hardbop prägten tauchen möglicherweise hier zum ersten Mal überhaupt auf. Im November folgte noch eine Session mit Rollins.

1952 spielte Blakey im Quartett von Buddy De Franco – seine Bandbreite wird langsam beängstigend! Aufnahmen entstanden auch mit Sims, Annie Ross und wieder mit Monk. Im Oktober entstanden die ersten Blue Note Sessions von Horace Silver – mit Blakey und Gene Ramey bzw. Curly Russell. Blakey sollte fortan fest zum inneren Zirkel von Blue Note gehören. Im November spielte er mit Silver, Blue Mitchell und Percy Heath auf einer Quintett-Session von Lou Donaldson. Im Jahr darauf entstanden weitere Aufnahme mit Buddy De Franco, ein 10-Inch-Album mit Kenny Drew (Blue Note) sowie die erste von drei Miles Davis Sessions für Blue Note. Im August nahm Blakey an einer Session von Clifford Brown teil, neben Gigi Gryce und Charlie Rouse sowie John Lewis und Percy Heath vom Modern Jazz Quartet. Das Album hiess „New Star on the Horizon“ (Blue Note 5032). Leider sollte der neue Stern nur wenige Jahre leuchten.
Im November entstand ein weiteres Album des Horace Silver Trios – Blakeys Name erschien hier auch auf dem Cover, gemeinsam mit Sabu mit dem Zusatz „and spotlight on drums“. Sabu spielte auf „Message from Kenya“, wo er auch in einem Mischmasch aus Spanisch und Suaheli einen „chant“ zum besten gibt. Das zweite Stück, „Nothing But the Soul“, präsentiert Blakey als Solisten.
Für Charles Mingus und Max Roachs Label Debut spielte Blakey neben Mingus auf dem Debut-Album von Paul Bley.

Das Jahr 1954 wurde für Blakey zu einem Scheidejahr. Im Februar wurde im Birdland ein Quintett unter seiner Leitung aufgenommen, drei Alben erschienen mit dem Titel „A Night at Birdland with Art Blakey“ auf Blue Note. Die Band umfasste Clifford Brown, Lou Donaldson, Horace Silver und Curly Russell, die Aufnahmen gehören zum Kanon des modernen Jazz. Das Repertoire setzt sich aus Bop-Klassikern („A Night in Tunisia“, „Now’s the Time“, „Wee Dot“, „Confirmation“), Silver-Originals („Split Kick“, „Mayreh“, „Quicksilver“), Blues (der themenlose „Blues“ sowie „Lou’s Blues“ von Donaldson) und Standards zusammen. Letzere dienen vor allem der Präsentation der Bläser: Brownie wählte „Once in a While“, Donaldson „If I Had You“, Jerome Kerns „The Way You Look Tonight“, das manche Modern Jazzer mochten (Cannonball, Griffin und viele andere haben es auch aufgenommen) wird im Quintett und wie üblich in halsbrecherischem Tempo präsentiert.

Blakey, Silver und Russell schnurren wie ein perfekt eingespielter Motor, treiben die Musik wo nötig intensiv an, swingen wo angebracht relaxt und locker… Donaldson spielt noch nicht mit diesem leicht ätzenden, beissenden Ton, den er später haben sollte, die grossen Highlights kommen allerdings zumeist von Clifford Brown. Sein satter, grosser Sound, der sich nicht scheut, auch mal blechern zu klingen, seine schnellen Läufe, quirligen Ideen… das alles mit der grössten Selbstverständlichkeit vorgetragen – und stets ein alles übergreifender, wunderbarer Lyrizismus, selbst in den schnellsten rhythmisierten Passagen noch – unglaublich eindrücklich!

Es folgten 1954 noch einige weitere Sessions, darunter die zweite von Miles auf Blue Note – im Quartett mit Silver, Heath und Blakey. Dieselbe Gruppe nahm auch für Prestige ein paar Stücke auf und sollte (teilweise mit Kenny Clarke an Blakeys Stelle) die bevorzugte Rhythmusgruppe von Miles bleiben, bis dieser seine Working Band mit Garland, Coltrane etc gründen sollte. Für EmArcy stand Blakey im Februar mit Clark Terry, im März als Leader eines Quartetts mit Henry Dunant (ts), Silver und Heath im Studio. Leider kenne ich beide Sessions nicht, muss ich mal sehen, ob die irgendwo greifbar sind!
Weitere Sessions mit Monk, Rollins und Donaldson folgten, ebenso wie das zweite Blue Note Album von Elmo Hope (der neben Dorham und Heath auch auf der tollen Rollins-Session im August war – das 25cm-Album hiess zuerst „Sonny Rollins Quintet“, landete dann auf der 33er „Moving Out“).

Für EmArcy entstand dann im Mai 1954 das nächste Album Blakeys – mit komplett anderem Personal: Joe Gordon (t), Gigi Gryce (as), Walter Bishop Jr. (p) und Bernie Griggs (b). Neben Silvers „Mayreh“ (auf der LP als „Mirah“) stammten alle Stücke aus der Feder von Gigi Gryce, darunter sein Klassiker „Minority“, mit dem das Album beginnt. Gryce hatte im Rahmen der Europa-Tournee der Lionel Hampton Big Band im Herbst 1953 in Paris ausgiebig mit Clifford Brown aufgenommen, 1954/55 spielte er mit Art Farmer, 1957 leitete er mit Donald Byrd das „Jazz Lab Quintet“ und 1960 nahm er schliesslich als Leader mit Richard Williams für Prestige drei weitere Quintett-Alben auf. Als Altsaxophonist ist er ziemlich unterrepräsentiert, er hat einen leicht bitteren aber sehr attraktiven Sound – es gelang ihm, aus der Konkursmasse von Charlie Parker etwas eigenständiges zu schaffen. Umso schöner ist es, dass Blakey ihm das 25cm-Album für EmArcy fast völlig überliess – es hätte wohl ebenso gut „Gryce“ heissen können!

Im August folgte eine weitere Session mit Lou Donaldsons (Lou Donaldson Sextet Vol. 2, Blue Note BLP 5055) – Kenny Dorham, Elmo Hope und Percy Heath waren wieder dabei, Matthew Gee spielte Posaune. Im September dann enstand für EmArcy Joe Gordons erstes von nur zwei Alben, „Introducing Joe Gordon“ (es findet sich auf dem CD-Reissue von „Blakey“), wieder einmal taucht Charlie Rouse aus, die Rhythmusgruppe besteht aus Junior Mance, Jimmy Schenk und Blakey. Die 25cm-Ausgabe umfasste vier längere Stücke: Coleman Hawkins‘ „Rifftide“ (als „Toll Bridge“), „Lady Bob“ und „Grasshopper“ von Quincy Jones, sowie „The Theme“ von Kenny Dorham (als „Flash Gordon“). Für die 33cm-Version kamen Q’s „Bous Bier“ und Gordons „Xochimilco“ dazu. Überdies entstanden noch Aufnahmen von Gordons „Evening Lights“ und des Standards „Body and Soul“, die zuerst auf dem Sampler „The Jazz School“ anzutreffen waren.

Nach einer weiteren Trio-Session mit Monk (sie ist sehr schön, ein kleines lustiges Detail ist Percy Heaths 13-taktiger letzter Solo-Chorus in „Blue Monk“) folgten im November dann die ersten Aufnahmen mit den Messengers – dazu siehe Post #1 bzw im Silver-Thread hier)

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba