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02.06.12 – Ulmer Zelt
http://www.ulmerzelt.de
Und so war’s dann:
Stadion-Punkrocker: The Gaslight Anthem auf Stippvisite in der Provinz
The Gaslight Anthem spielen auf den großen Bühnen dieser Welt. Weil sie allzu groß aber gar nicht sein wollen, genossen sie es spürbar, in Ulm „nur“ 1200 Fans zu beglücken. Und das auch noch im Zirkuszelt.
Zu „Sabotage“ von den Beastie Boys springen fünf Musiker auf die Bühne des Ulmer Zelts. So ehren The Gaslight Anthem den jüngst verstorbenen Kollegen Adam Yauch. Ohne weitere Umschweife kommt die Band dann zur Sache. Gitarren in knietiefe Position gebracht – los gehts. Und wie. Der Opener „Great Expectations“ erfüllt auch höchstgehängte Erwartungen der teilweise aus dem Ausland angereisten Fans.
Bandchef Brian Fallon, Gitarrist Alex Rosamilia, Bassist Alex Levine in St.-Pauli-Kutte, Drummer Benny Horowitz und ein live mitreisender dritter Gitarrist wissen, was die 1200 Menschen im ausverkauften Zelt wollen: „We Came to Dance“, stimmen sie ein, klatschen mit, tanzen. Bald fliegen Jacken auf die Bühne. Die-Helden-Feiern ist großartig, aber schweißtreibend.
Drei Songs später spricht der bestens aufgelegte Fallon das erste Mal zur Menge. In einem Zirkus auftreten zu dürfen sei sein Kindheitstraum, erklärt er in breitem amerikanischen Slang. Er wäre gern Schlangenbeschwörer geworden. Doch hätte ihn eine Schlange gebissen, wärs das gewesen mit der Karriere, witzelt er. Immerhin: Jetzt sind sie in einem Zirkus, „wenigstens für einen Tag“. Unter aufbrandendem Jubel kündigt der 32-Jährige das nächste Stück an: „45“ von der im Juli erscheinenden vierten Platte. Er macht einen Ausfallschritt und neigt sich seiner blau-weißen Fender Telecaster zu, die er mit tätowiertem Arm intensiv bearbeitet.
Das ist der Moment, in dem der ekstatische Fan aufblüht, am Nebenmann hochklettert und sich von der Menge zum berührenden „Angry Johnny and the Radio“ selig auf Händen tragen lässt. Andere fragen sich nach 90 Minuten und sechs Zugaben: „Haben die ,American Slang jetzt zweimal gespielt?“ Nötig hätten sies nicht, angesichts des seit 2006 angehäuften Repertoires. Aber übermäßige Vielfalt lässt sich dem Quartett aus New Jersey nicht vorwerfen, da kann man schon mal durcheinanderkommen.
Das spricht trotz der gemäßigten Attitüde der Band dafür, dass sie neben Blues, Country und RocknRoll dem Punkrock zuzurechnen ist. Wie ihre Artverwandten Social Distortion setzen Gaslight Anthem auf schlichte Geradeausrhythmen, kraftvolle Riffs und eine unter die Haut gehende Stimme. Musik, die jedem, der sich darauf einlässt, ein breites Grinsen ins Gesicht brennt und emotionale Talsohlen tapfer durchschreiten hilft.
Fallon besitzt Authentizität und Charisma, die an Mike Ness und Johnny Cash denken lassen. Dazu verfügt er über ein Bruce Springsteen ähnliches Gespür für Hymnen. So macht er den PunkrocknRoll massentauglich – wie Yauch den Rap. Eigentlich aber will die Band gar nicht so groß werden wie sie schon ist. Deshalb legt sie zwischen Megaevents mit Linkin Park, Soundgarden und Metallica immer wieder Termine wie diesen im kleinen, sie begeistert feiernden Zelt. Welch ein Glück.
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I'm pretty good with the past. It's the present I can't understand.