Re: Chronological Coltrane

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gypsy-tail-wind
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Im Herbst 1958 enstanden zwischen den zwei letzten Prestige-Sessions einige weitere Sideman-Aufnahmen von Coltrane.

Da ist zuerst mal die fantastische Live-Aufnahme vom 11. September 1958, die Coltranes Frau Alice im Five Spot aufnahm, als Monk für Griffin einsprang (siehe oben Zitat aus „Coltrane Reference“ dazu). Unter dem Titel „Discovery!“ erschien die Aufnahme erstmals 1993, in leicht übersetzter Geschwindigkeit. Im Rahmen der 4CD-Ausgabe der „Complete Blue Note Recordings“ von Monk (1994) wurde mit Hilfe von Kenny Washington eine korrigierte Version davon veröffentlicht. In den Liner Notes zu diesem Set lässt sich Bob Blumenthal für einmal richtig gehen:

On „I Mean You,“ Coltrane begins relatively cautiously, prodding the corners of Monk’s ominous tune; but by the time Monk lays out Coltrane is in full flight, wrestling torrential phraes and jagged cries from his horn. Monk is driven and expansive throughout, and Haynes prods everyone with his polyrhythmic lyricism.

~ Bob Blumenthal, Liner Notes von „Thelonious Monk – The Complete Blue Note Recordings“, 1994, p. 34

Was mit polyrhythmischem Lyrizismus gemeint sein soll, mag dahingestellt bleiben – jedenfalls macht es trotz der mangelhaften Qualität der Aufnahme unglaublichen Spass, zu hören, wie Haynes die Musik antreibt, kommentiert, ergänzt… der hat hier Feuer im Arsch, um es salopp auszudrücken! Ebenso Coltrane – unglaublich, was er hier abliefert! Sicher das Highlight der Monk/Coltrane Kollaboration!

Am 13. Oktober nahm Coltrane dann für United Artists an der Cecil Taylor Session für „Hard Driving Jazz“ (später unter Coltranes Name as „Coltrane Jazz“) teil. Eine äusserst seltsame Band: Kenny Dorham (t), Coltrane (ts), Taylor (p), Chuck Israels (b), Louis Hayes (d). Beim heutigen Wiederhören fand ich das Album nicht mehr ganz so missglückt, wie ich’s in Erinnerung hatte. Dorham spielt einige sehr schöne Soli, die allerdings quer in der Landschaft stehen, Israels spielt sehr gut, aber Louis Hayes ist hier ziemlich am Ende seines Lateins. Coltrane und Taylor harmonieren auch nur mässig, aber irgendwie ist das doch im Vergleich zu „Jazz Advance“ oder „Love for Sale“ nicht komplett anders (ausser eben der Drummer…). Selber hören um eine Meinung zu bilden! Ganz für die Katz ist das jedenfalls nicht!

Dann im November fand die zweite Session mit Ray Draper statt – dazu auch oben schon eine längere Passage aus „Coltrane Reference“. Gefällt mir wohl von den drei Draper-Alben aus dieser Zeit (das dritte wurde mit McLean und ohne Coltrane für Prestige aufgenommen) das schönste. Der Moment auf „Angel Eyes“, auf den sich Mayer bezieht ist in der Tat schön, das Stück wird allerdings v.a. von Draper getragen. Klanglich ist das sehr attraktiv und speziell, und Draper scheint langsam mehr Kontrolle über sein unförmiges Instrument zu haben. Ganz schön auch die beiden Rollins-Stücke „Doxy“ und „Oleo“, und auch der Opener, „Essii’s Dance“.
Edit: obiges Cover ist von der CD, auf der Drapers „A Tuba Jazz“, eben das dritte Album (bzw. das zweite mit Coltrane) enthalten ist… bin etwas schludrig heute :-)

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