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nail75Weg vom Hard Bop! No more blowing sessions!
Das mit der Sackgasse habe ich oben bewusst ignoriert, aber da Du es jetzt nochmal herhvorhebst, sei Dir gesagt, dass ich den Ausdruck und den Inhalt dieser Aussage für eine gigantische Fehleinschätzung halte. Ich weiß auch nicht, wie Du das begründen willst. Auch das „danach“ ist falsch. Kind Of Blue war nicht „danach“, sondern danach, davor und gleichzeitig mit Giant Steps. Das ist eine Parallelentwicklung. Der Hard Bop liegt hinter Miles und Coltrane und die Reise in eine neue Richtung beginnt: modaler Jazz, eine neue Freiheit der Improvisation (mit allen Einschränkungen).
Klar, hab ich oben ja auch betont, dass sozusagen der Endpunkt („Giant Steps“) nach dem Neubeginn („KoB“) stattfand!
Ich hab da überhaupt kein Problem, das zu begründen – dabei geht es allerdings nicht um Stile sondern um Technik… mit „Giant Steps“ bringt Coltrane die harmonische Verdichtung seiner Musik an ihren letzten Punk – mehr geht nicht (deswegen muss er sich auch sehr stark auf Achtel beschränken, weil die Musik ein dermassen hohes Niveau an harmonischer Komplexität erreicht, dass man dem mit „sheets of sound“ oder kleineren Unterteilungen des Metrums bei diesen halsbrecherischen Tempi nciht mehr beikommen könnte).
Mit „Kind of Blue“ und dem modalen Jazz öffnet sich das alles wieder, der Knoten wird zerschlagen… oder eher, er wird durch eine Art Zen-Meditation ganz sanft geöffnet. (Sehr schön Bill Evans‘ kurzer Text für die Platte!)
Meine Argumentation scheint mir hierbei ziemlich klar (und ich schreibe hier auch nichts, was ich nicht oben schon geschrieben habe). Meine Perspektive ist dabei gewissermassen intern, von Coltrane als Improvisator/Musiker/Denker ausgehend, nicht mit Blick auf den Stil der gesamten Alben oder der Musik (was man dann externe Perspektive nennen könnte).
nail75Mit Giant Steps begegnet uns zum ersten Mal Coltrane als Autorität, um den Ausdruck aufzugreifen, den redbeans oben verwendete. Er ist jetzt ein kompletter Musiker, Komponist und Solist, der einer Session seinen individuellen Stempel aufdrücken kann und das auch macht. Dadurch ist es möglich, Alben zu veröffentlichen, die einen speziellen Charakter haben. Das hat oben auch redbeans geschrieben, wobei seine Charakterisierung fast nur negativ war, was ich natürlich für einen Fehler halte, aber es zeigt (jedenfalls nach außen): Die Alben sind individuelle Werke einer Gruppe von Musikern und der Leitung eines Leaders mit einer klaren Vision und nicht das Produkt von monetären Erwägungen. „Lass uns ein paar Junkies einsammeln, wir brauchen eine neue Platte“ – die Zeiten sind mit Giant Steps und Kind Of Blue endgültig vorbei. Stattdessen haben wir ein Album als Gesamtkunstwerk.
Coltrane hat sich damit aus dem dunklen Keller von Prestige befreit, wo er sich letztlich nur immer im Kreis drehte und besitzt nun die Freiheit, seine eigenen Wege zu gehen und mit ganz verschiedenen Settings zu experimentieren. Nicht alles ist erfolgreich, aber durch diese Freiheit werden die Entdeckungen der nachfolgenden Werke erst möglich.
Ich denke hier malst du etwas gar schwarz… auch das mit den „round up some junkies“ – ganz so einfach war das alles bestimmt nicht!
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