Re: Chronological Coltrane

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gypsy-tail-wind
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redbeansandriceach, mit falsch meinte ich ganz plump, dass es frühere Alben gibt… und mit unglücklich, dass ich Giant Steps nicht in jeder Hinsicht für technisch überlegen halte – also, hab grad nochmal Settin the Pace gehört und bin geneigt zu behaupten, dass er da als Solist fast aufregender ist…

Und da könnte man vielleicht noch anschliessen, dass er auf „Black Pearls“ quasi die langen, suchenden Versionen der Verdichtungen von „Giant Steps“ präsentiert und auch technisch mindestens so krasse Sachen bietet. Allerdings sind sie dort noch roh und unausgegaart (und wohl keineswegs fürs tägliche Hörvergnügen geeignet… ein irgendwie düsteres Album, finde ich).

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Bin jetzt mittlerweile bei „Coltrane“… aber zuerst noch ein paar Worte zu „Cattin‘ with Coltrane & Quinichette“: was für ein schönes Album!

Paul Quinichette, der „Vice Pres“, ist ja ein Phänomen, er hat sich auf eine bestimmte (und keineswegs die beste) Phase von Lester Young konzentriert und daraus sein Spiel abgeleitet. Er klingt irgendwie fragil, auch ein wenig gemütlich, sehr relaxt. Das passt enorm gut in den Mix, der einmal mehr von Mal Waldrons Pianospiel und Kompositionen gepgrägt wird. Sehr schön, dass hier wieder Ed Thigpen Schlagzeug spielt, mit Taylor wäre die Session bestimmt nicht so relaxt rausgekommen. Coltrane und Quinichette passen gut zusammen, der „blend“ aus ihren Sounds kommt toll rüber, erst recht mit Waldrons rollenden Begleitung. Ich würd jetzt nicht behaupten, dass das Album unter den besten aus Coltranes Prestige-Zeit ist, aber es ist eins meiner liebsten!

„Coltrane“ dann, das erste Leader-Album. Trane klingt selbstsicher, ruhig (fast schon in sich ruhend, aber soweit war er da dann doch noch nicht ganz). Sein Spiel wechselt zwischen langen Phrasen und kurzen Einwürfen, er schlängelt sich virtuos durch die Changes und bricht hie und da in seine „sheets of sound“ aus. Die Kompositionen sind mit Bedacht gewählt, etwa ein Original in AABA Form, bei dem jeder Teil 12 Takte hat („Straight Street“ – seit einigen Tagen/Wochen war Coltrane da ja straight), ein erstes Mal ein Stück von Cal Massey („Bakai“, eins der Highlights!), oder eine wunderbare, wenig bekannte Ballade („While My Lady Sleeps“, die übrigens in den ersten [?] von ihm aufgenommenen Multiphonics endet). Trompete spielt auf dieser Session – seiner einzigen – ein Freund von Coltrane, Johnny Splawn, dessen Spiel mir sehr, sehr gut gefällt. Nicht so glatt wie Wilbur Harden, aber ähnlich lyrisch. Dazu wie schon erwähnt noch einmal Sahib Shihab (der auf „Bakai“ ein lustiges „Comes Love“-Zitat einflechtet). Dazu gibt’s zwei Balladen im Quartett mit Red Garland, „Time Was“ und „Violet for Your Furs“ – und der Entscheid, hier Garland beizuziehen, war sicher richtig. Das letzte Stück der Session, „I Hear a Rhapsody“, ebenfalls im Quartett mit Garland, kam erstmals auf „Lush Life“ raus. Am Bass ist natürlich Paul Chambers, am Schlagzeug Albert „Tootie“ Heath – seine einzige Aufnahme-Session mit Coltrane.
Coltrane scheint sich für sein erstes eigenes Album einiges überlegt zu haben, und in der Tat ist dabei eine runde Sache rausgekommen!

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