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Elva kvinnor i ett hus (1975)
Seit dem letzten Album sind vier Jahre vergangen, in denen es außer einer Rolle in der schwedischen Version von „Jesus Christ Superstar“ (als Maria Magdalena, 1972) und ein paar Singles keine Solo-Veröfentlichungen von Agnetha gab. Zu den Gründen hierfür zählen der (erst allmählich und dann heftig) ins Rollen kommende Erfolg von ABBA sowie die Geburt von Tochter Linda, so daß nur wenig Zeit für anderes blieb. Trotzdem wurde die Solo-Karriere nicht ad acta gelegt. Agnetha wollte mit ihrem fünften Album ein etwas ambitionierteres Werk vorlegen als es bisher der Fall war. Die Musik hierfür hat sie seit 1972 geschrieben, jedoch fiel ihr das Verfassen von Texten offenbar schwer. Das Album ist darum eine Kollaboration mit dem Texter Bosse Carlgren, der bereits für das Vorgänger-Album einige Beiträge lieferte. Auch die Idee für das Konzept stammt (vermutlich) von Carlgren: In einem Haus leben zwölf Frauen mit unterschiedlichen Charakteren und Erlebnissen, die in den Songs beschrieben werden. Das Album sollte ein Klappcover mit zwölf Illustrationen und Texten zu den Hausbewohnerinnen erhalten. Allerdings wurde das Konzept seitens der Plattenfirma nicht komplett umgesetzt, aus dem Klappcover wurde ein einfaches, zwei Songs wurden gestrichen und durch eine schwedischsprachige Version von „S.O.S“ ersetzt. Das Album wurde 1974/75 im Verlauf von 18 Monaten aufgenommen und von Agnetha produziert.
Trotz der Einschränkungen bei der Umsetzung ist das Konzept aufgegangen und das Ergebnis ist ein Album, daß sich von den Vorgängern abhebt. Diese waren nämlich bei aller teilweisen Großartigkeit zusammenhanglose und schon mal mit Füllern auf Albumlänge gestreckte Song-Sammlungen. „Elva“ wirkt durchdachter und die ausnahmslos guten Songs bilden in ihrer Abfolge mit jedem Hören zunehmend ein „Ganzes“, das mehr zu sein scheint als die Summe der Einzelteile. Die Melodien sind immer noch eingängig, aber weniger einfach und vorhersehbar als es früher oft der Fall war. Die Songs erzählen unterschiedliche Geschichten und vermitteln somit unterschiedliche Stimmungen auch abseits von sentimentalem Herzschmerz, und nicht alles ist ernst gemeint. Der Opener „S.O.S“ ist auch in dieser Version ein Kracher, hätte aber nicht wirklich sein müssen, denn an die ABBA-Version (und meine ABBA-#1) kommt er nicht heran. Die Befürchtung, der Rest des Albums könnte daneben völlig verblassen, ist zum Glück unbegründet. Es kommt vielmehr zu der seltsamen Situation, daß „S.O.S“ zwar der beste Track des Albums ist, aber nicht viel zum Gesamtbild beiträgt. Der zweitbeste Track ist „Mina ögon“, eine Version von „Disillusion“, der einzigen Agnetha-Komposition, die jemals auf einer ABBA-Platte erschien. Von den weiteren Tracks möchte ich keinen hervorheben, obwohl ich durchaus einige mehr favorisiere als andere. Toll sind sie alle auf ihre Weise. Hervorheben möchte ich (für den Fall, daß es nicht sowieso klar ist) Agnethas Gesang, der auch dann betörend sein kann, wenn gerade nicht die Tränen fließen. Nachzuhören etwa auf „Tack för en underbar vanlig dag“… so sweet!
Nach einer Empfehlung für den Einstieg in die frühen Solo-Alben gefragt, würde ich „Elva“ nennen. Es ist das ausgereifteste, nach „objektiven“ Maßstäben vermutlich das beste Album, und ABBA-Fans können hier die Agnetha des Jahres 1975 mit all ihrem Können hören, nur eben pur und in Facetten, die es bei ABBA nicht gibt. Persönlich ziehe ich das Vorgänger-Album etwas vor, weil ich auch eine Schwäche für Agnethas naives, weniger elaboriertes Songwriting und überhaupt das Unperfekte früherer Tage habe und weil es einige große Momente enthält, die es auf „Elva“ so nicht gibt. Aber auch hier gebe ich **** oder ****1/2.
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