Re: Natalie Merchant – Leave Your Sleep

#7596533  | PERMALINK

rob-fleming

Registriert seit: 08.12.2008

Beiträge: 12,838

Manchmal geschehen wirklich seltsame Dinge. Etliche Alben habe ich dieses Jahr schon sehnsüchtiger und mit größerer Vorfreude erwartet als Leave Your Sleep und plötzlich halte ich mit diesem Album mein bisheriges Highlight aus 2010 in den Händen.
Ein Album das ich eigentlich nur aus Neugier bestellt habe, füllen doch Genres wie Irish Folk, Klezmer und Reggae, wenn überhaupt, nicht gerade Meter in meiner Sammlung. Und zu fernöstlichen Klängen oder indianischen Gesängen habe ich vor 30 Jahren vielleicht mal eine Räucherkerze angezündet, aber das war’s dann auch.
All diese Stile sind auf diesem Werk zu hören und obwohl das auf den ersten Blick einen großen Stilmischmasch ohne eigene Konturen vermuten lässt, ist das Ergebnis ganz und gar umwerfend und aus einem Guss.
Leave Your Sleep ist ein Meisterwerk geworden, spannend, vielschichtig und berührend. Keinen Track, keinen einzigen Ton davon möchte ich mehr missen.
26 Stücke entführen den Hörer für gute 100 Minuten in einen bunten Kolonialwarenladen der Klänge und Natalie Merchant sorgt mit ihrem warmen, verbindenden Gesang hinter der Theke dafür, dass man von dem reichhaltigen Angebot nicht erschlagen wird.
Rund um das Thema Kindheit sind auf dem Album Texte zu finden, die mir an der einen Stelle das Wasser in die Augen treiben und im nächsten Moment ein Grinsen ins Gesicht pflanzen.
Da wird in Topsyturvey-World die Welt nonsenmässig einfach auf den Kopf gestellt („If the pony rode his master, if the buttercups ate the cow“) und von dem alten Riesen berichtet, der sich wehmütig an die Zeit erinnert, als er noch fit genug war, die kleinen Jungs in ihren hübschen Anzügen verspeisen zu können.
Zu fast poppigen Klängen stillt die ewig hungrige Griselda ihren Appetit oder zeigt die furchtlose Isabel, Bären und Hexen mal wo der Hammer hängt.
Und bei jeder einzelnen Geschichte, ob traurig, lustig oder wehmütig, passt die Musik aufs wundervollste zu dem Erzähltem.
Ich entdecke hier wirklich keinen Makel und wenn ich diesem Album keine * * * * * Sterne geben würde, könnte ich wohl nie mehr die Höchstwertung zücken.

Jetzt bleibt eigentlich nur noch das Rätsel zu lösen, warum dieses Meisterwerk hier so wenig Beachtung findet. Völlig unverständlich

Vielleicht kann diese Kritik ja überzeugen.

--

Living Well Is The Best Revenge.