Re: ROLLING STONE Mai 2010

#7590517  | PERMALINK

castles-in-the-air

Registriert seit: 09.04.2005

Beiträge: 1,395

otisInsgesamt verstärkt sich der Eindruck, dass zwar sehr viel drinsteht, der Ramsch aber leider die wertigen Inhalte mehr und mehr überwuchert (nicht unbedingt anteilmäßig) und dementsprechend entwertet. Drei sehr schlechte Tracks auf einer Platte können die übrigen neun besseren im Gesamteindruck massiv nach unten ziehen. Den Stone wünsche ich mir nämlich immer noch als eine halbwegs in sich stimmige Einheit und nicht als Sammelsurium von Artikeln, das nach allen Seiten hin nach zahlenden Lesern giert.
Haltung, Leute, dann wären die Bundeswehr, der Kornmeier, SKM u.a. nicht passiert.

BgigliDer Denkfehler ist, zu vergessen, dass der Rolling Stone von einem zuhörendem und bedeutungsgierigem Publikum lebt, dass im Rock’n’Roll existentielle, aber zumindest bedeutungsschwangere Fragen behandelt sieht und sie mit seiner Hilfe bewältigen konnte und kann. Der Rolling Stone ist darum meines Erachtens dabei, sich seiner Existenzgrundlage ( die Gründungsgeschichte erklärt vieles!), oder schlimmer, der geistigen Basis zu entziehen.
Meine Überzeugung ist deshalb, dass die Redaktion nicht wirklich weiss, was sie da überhaupt tut, wenn sie denn für Artikel wie Skm oder Rauch überhaupt allein verantwortlich ist!

Kann den Einschätzungen nur zustimmen. Seltsam, dass in diesem Zusammenhang noch nie der Name des neuen Chefredakteurs Rainer Schmidt fiel, immerhin war der schon früher so etwas wie Poschardts rechte Hand. Dass ein gemachter Mann wie Poschardt (bei der SZ auf Interview-Fälscher Tom Kummer reingefallen, später Vanity Fair an die Wand gefahren) sein Büro kaum in einem Kreuzberger Hinterhof beziehen würde, war wohl klar, dafür ist dann eben Herr Schmidt vor Ort. Gerade ihm könnte bei den Entscheidungsträgern von Springer womöglich die rechte Gesinnung zu seinem Job verholfen haben, seine früheren Tätigkeiten als stellvertretender Chefredakteur der inzwischen allesamt eingestellten Titel Max, Park Avenue und Vanity Fair dürften sich jedenfalls kaum als Erfolgsbilanz verkaufen lassen.

Und die Befürchtungen erfüllten sich ja prompt, auch wenn ich die Beispiele jetzt nicht alle noch einmal aufzählen möchte. Gerade den in diesem Zusammenhang noch kaum erwähnten Artikel über die Piraten-Partei zähle ich aber ebenfalls dazu, denn wenn Parteien durch ein Überlaufen von Wählern zu den Piraten geschwächt werden, dann wohl eher die aus dem linken Lager. Dass bei den Redakteuren, die wir seit Jahren kennen und schätzen, für diese tendenziöse Berichterstattung kein Masterplan vorliegt, glaube ich gern. Andererseits glaube ich aber auch, dass etwa ein Arne Willander viel zu müde für irgendwelche Kämpfe ist und ein Torsten Groß schlicht zu arglos und gutmütig. Dabei entbehrt gerade das Beispiel Groß nicht einer gewissen Tragik. Viele lesenswerte Berichte kamen zuletzt von ihm (Girlpop, Glasgow), doch nichts blieb so sehr an ihm kleben wie sein Schund-Artikel über die Anwälte. Ich hoffe, dass die Redakteure des Rolling Stone endlich begreifen, dass bestimmte Gefälligkeitsartikel nicht nur den Ruf des RS beschädigen, sondern auch das eigene, hart erarbeitete Renommee.

--