Re: Folgende Ausstellung werde ich besuchen …

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blitzkrieg-bettina

Registriert seit: 27.01.2009

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Blitzkrieg BettinaZu Befehl, Miss Hardy!

So, heute war es soweit:

Bisher nahm ich von Marcks eher die etwas monströsen Skulpturen war und hielt ihn eher für einen rein handwerklich orientierten Bildhauer. Er gehört ja – ähnlich wie Paula Modersohn-Becker, Heinrich Vogeler, Waldemar Grzimek oder auch der hier in diesem Thread erwähnte Franz Radziwill zum kollektiven Bildungsgut der Kulturinteressierten im Grossraum Bremen, mich sprach das was ich sah wenn ich zufällig am Gerhard-Marcks-Haus vorbeikam eher weniger an…
Lyonel Feininger hingegen schien mir der spannendere Fall: Vom Comic kommend vermischte er die kühlen Konstruktionen des Bauhauses mit dem alles durchscheinenden göttlichen Schimmer der deutschen Romantik, das war der Eindruck den ich von den wenigen Feininger-Bildern die ich kannte hatte.
Nun also die gemeinsame Ausstellung im Bremer Gerhard-Marcks-Haus:
Erstmal ein paar Feininger-Grafiken, hehe, auf der ganz rechts scheint er die typischen Sonntagsspaziergänger aufs Korn zu nehmen, das fängt ja gut an…
Des weiteren sehen wir zwei Zeichnungen von ihm auf dem man sein typisches Lieblingsmotiv „Kirche“ sieht, beides mal schön mit einem Aquarellfleck verdunkelt, so das es etwas atmosphärisch düsteres hat. Sehr schön das.
Ah, aber auch der werte Herr Marcks ist hier mit einigen Blättern vertreten: Sieht es auf den ersten Blick etwas konstruktivistisch-kandinskymässig aus, bemerkt man bei genauerem hinsehen den Humor den Marcks in den Bildern versteckte, unter anderem mit den Figuren die er auf den Konstruktionen tummelte.
Jetzt wieder Feininger, mit einem Holzschnitt der in seiner düsteren Bedrohlichkeit stark an die expressionistischen Tendenzen im damaligen Stummfilm erinnert, und den man durchaus als Vorahnung der Zerstörungen des Nationalsozialismus deuten kann.
Fazit des ersten Raumes: Ja, so ganz humorlos scheint der Marcks nicht zu sein, aber ob er neben Feininger bestand haben kann? Wir werden sehen!
Im nächsten Raum begegnete einem wieder eine der für Marcks so typischen Grosskulpturen, diesmal mit dem Motiv „Mutter und Kind“, sieht nach irgend etwas religiösem aus, sehe ich mir später mal an.
Da mich die Schiffmalerei von Feininger nie sonderlich interessiert hat, wende ich mich jetzt gleich dem marksschen Schaffen zu, diesmal einige Holzschnitte die mich sofort faszinieren: Völlig entindividualisiert, die Figur immer monumental in der Mitte des Bildes, gleichzeitig aber absolut comichaft-verspielt, unglaublich, als hätte jemand die Ästhetik von Zigarrenschachtel-Deckblättern mit sozialistischem Realismus und Holzschnitten der Dürerzeit in einen Topf verrührt, und es trotzdem geschafft das ganze absolut stimmig aussehen zu lassen. Meine Favoriten: „Der Heuschober“, ein Werk das es schafft eine absolut traditionelle Arbeit nach Industriezeitalter aussehen zu lassen sowie „Der Ofen“ eine Hommage an Arbeitslosigkeit und Wickelkinder, die direkt einem Comic enstiegen schien. Und da entdeckte ich auch die grosse Skulptur wieder: „Thüringische Mutter“ heisst sie, als Holzschnitt wurde offensichtlich eine Skizze ausgearbeitet die jetzt wirklich nach Dürer/Cranach aussieht. Das was wir hier von Feininger sehen wirkt wirklich blass, man kann auch hier eine gewisse Untergangsästhetik reininterpretieren, einen Zerfall der bürgerlichen Werte, und es ist sicher individueller als Marcks, aber im direkten Vergleich, neee….

-Fortsetzung folgt-

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Man hatte uns als Kindern das Ende der Welt versprochen, und dann bekamen wir es nicht.