Re: 1956 – Top 30 Singles

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some-velvet-morning

Registriert seit: 21.01.2008

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Minos
Was mir noch auffällt: Chuck Berry und Fats Domino sind bei Dir ziemlich weit hinten und nur mit einer Single vertreten. Sind sie nicht so sehr Dein Fall oder war es wegen der starken Konkurrenz?

Sie sind nicht so mein Fall wie andere Artists der Ära, wobei ich sie schätze. Vielleicht präferiere ich eher die Gitarre als das Piano im RocknRoll. Jerry Lee Lewis war bei Dir ja auch höher angesetzt. Fats Domino war mir immer eine Spur zu brav. Bei Little Richard scheinen wir uns hingegen ja einig zu sein. Die Wildheit seiner Vocals bei „Long all Sally“ ist einmalig. Er ist viel animalischer als beispielsweise Elvis in den Vocals. Was Dir beim King of RocknRoll ausgerechnet nicht behagt, kann ich trotzdem nur schwer nachvollziehen, da er für mich der größte Sänger aller Zeiten ist. „Blue Moon“ ist gerade gesangstechnisch eins seiner Höhepunkte. So siegt niemand den Song. Bei „Blue Suede Shoes“ gebe ich allerdings Carl Perkins auch den Vorzug. Es ist einfach die bessere Version. Dass „Heartbreak Hotel“ etc. gar nicht in der Liste vertreten sind, kann ich nur schwer verstehen. Von Musikhistorie will ich jetzt gar nicht anfangen, nur weil du ja RocknRoll schätzt und ausgerechnet Elvis ausklammerst. Was ist mit Johnny Burnette? Du magst ihn nicht so? Noch ein Wort zu den Flamingos: Sie sind einfach eine fantastische Band, weshalb ich vier Platzierungen Ihnen gegeben habe. Bei Thema ruhige Musik im RocknRoll muss ich sagen, dass ich gerade diesen Gegensatz des rauen Rockabilly eines Johnny Powers und dann die Schönheit der Balladen im Kontrast liebe. Selbst die ruhigeren Singles der Ära haben manchmal neben aller Eleganz auch etwas Abgründiges für mich. Ob es an zuviel David Lynch Filmen liegt, vermag ich nicht zu sagen, aber was Balladen der 50er anbelangt, kannst du meine Liebe bis in die Mitte der 60er Jahre erkennen. Der Phil Spector Sound, Diana Ross And The Supremes, Roy Orbison, Righteous Brothers, The Beach Boys, The Walker Brothers etc. stehen nicht ohne Grund bei mir hoch im Kurs. Das Solowerk von Walker erklingt ja nur oberflächlich „kitschig“ für den Nichtkenner. Dahinter verbergen sich Abgründe in den Texten und Walker offeriert uns seine Weltsicht. Die Linie des glamourösen Pop sehe ich in diesen 50s Balladen, hin zum Spector Sound, über Cocteau Twins, Jesus And Mary Chain, My Bloody Valentine zu heutigen Artists wie Glasvegas, Beach House oder die Neo-Shoegazing Szene in UK. Der vermeintliche schöne Pop war immer da, aber verbirgt eine gewisse Melancholie. In den 50s durfte textlich nicht zu offen umgegangen werden und trotzdem finde ich durch die Art der Musik, dass sich diese Doppelbödigkeit der Interpretation dem Zuhörer beim genauen Hinhören erschließt.

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