Startseite › Foren › Die Tonträger: Aktuell und Antiquariat › Das Dekaden-Forum › Eighties › 1984 – Top 30 Singles › Re: 1984 – Top 30 Singles
Hello_SkinnyWas mich PTV so fasziniert, ist zum Einen die musikalische Bandbreite. Post Punk, Synth Pop, Industrial, House…und trotzdem wirkt das Output der Band nicht wie ein unsortierter Gemischtwarenladen, sondern es lässt sich alles wunderbar auf einen Nenner bringen. Zum Zweiten mag ich Alben, die an sich ein Gesamtkunstwerk abgeben, d.h. Alben, die am Stück gehört eine Wirkung entfalten, die es beim einzelnen Durchhören der Songs nicht geben kann. Und solche Alben sind z.B. „Force the Hand of Change“ oder „Dreams Less Sweet“. Vielleicht ergibt sich diese Wirkung bei PTV speziell durch die Mischung an verschiedenen Musikstilen, sodass man am Ende das Gefühl hat durch alle möglichen Gefühlslagen getaucht zu sein (siehe dazu auch meine Nr. 1: Swans – Soundtracks for the Blind). Hinzu kommt eine gewisse mystische Aura, die die Band entfaltet, was auch nicht zu letzt an dieser ganzen Geschichte mit Temple of the Psychick Youth liegt. Nebenbei bemerkt stehen Throbbing Gristle bei mir immer noch höher in der Wertung, die wiederrum eine ganz andere Stimmung verbreiten, die aber ähnlich wie bei PTV einzigartig ist.
„Live in Rejkjavic“ kenne ich leider nicht. Ich kenne eigentlich gar kein Live Album von ihnen, obwohl das recht ungewöhnlich bei einem solchen Output ist. Liegt wohl daran, dass ich mit Live Alben generell nicht so viel anfangen kann (wobei es natürlich auch wieder Ausnahmen gibt). Coil mag ich auch sehr gerne, kenne allerdings nur ihre ersten zwei Alben (habe mir aber vorgenommen, mir auch den Rest der Discography vorzunehmen). Mit Chris & Cosey hingegen, habe ich mich noch nicht allzu intensiv beschäftigen, sie stehen aber auch noch auf meiner To-Do-Liste. Den Film habe ich leider noch nicht gesehen. Wird aber so bald es möglich ist nachgeholt. Und die neue LP ist irgendwie an mir vorbei gegangen…war wohl zu sehr mit historischer Forschung beschäftigt.
Danke für deine genaue Antwort. Ich habe mittlerweile in die von dir empfohlenen Einstiegsdrogen von Psychic TV zumindestens reingehört und bin durchaus angetan. Genesis P. Orridge ist schon heftig als Mensch und Erscheinung. Was hat TG doch alles für großartige Künstler innerhalb der Band gehabt. Sie haben alle noch so große Musik gemacht. Noch ein Satz zu Coil: Sie wurden ab Mitte/Ende der 90er und einer Art Rave Platte ganz anders und sehr meditativ und experimentell. Das Erstaunliche war, dass John Balance auf einmal richtig gut und tief sang. Sie experimentierten mit Sounds und wollten die Bewusstseinsebene der Hörer verändern. Zudem warf das Paar Balance/Christopherson wohl psychedelische Drogen als Inspiration ein. Balance ist ja leider vor ein paar sehr unrühmlich betrunken die Treppe heruntergefallen und Peter hatte das Haus nun alleine. Die Werke von Coil „Musick to play in the dark Vol 1 und Vol 2“, „Astral desaster“, The Solstice and Equinox Singles (vier EPs mystisch den vier Jahreszeiten gewidmet“… werden Dir sehr gefallen. Davon bin ich überzeugt, gerade wenn du auf dieses Mystische stehst. Vielleicht sagen dir Current 93 auch etwas. Ich habe ein ziemliches Faible für diese „mystischen“ Bands. Alben wie eine Art Religion, Glaubensbekenntnis. Peter Christopherson hat sich ja auch erst nach seinem Tod von Lebensgefährte John Balance der Reunion von TG angeschlossen. Er ist für mich persönlich so die Schlüsselfigur von TG im Hintergrund. Cosey Fan-Tuttis Einfluss ist auch immens. Ihr Gesangsstil hat so viele Damen wie Miss Kittin etc. geprägt. Auch bei Chris And Cosey ist immer der mystische Aspekt erhalten geblieben. Was sie von Psychic TV unterscheidet ist, dass ihr aktuelles Schaffen bemerkenswert ist und gerade ihr letztes Album (2007) mich umgehauen hat, während die erwähnte Psychic TV Neuveröffentlichung nicht so wichtig ist. Das Album von Chris And Cosey heisst: Feral Vapours Of The Silver Ether. Es ist einfach nur fantastisch. Chris Carter und Cosey Fan Tutti sind ja ebenso ein Paar. Cosey Fan Tutti hat in den 80s kurzzeitig als Prostituierte m. E. noch nebenbei gearbeitet, was vielleicht manchmal diese erotische Bezüge bei einigen Chris And Cosey Alben verdeutlicht. Also, als Einstiegsdroge für Coil „Musick to play in the dark Vol. 1“ und bei Chris And Cosey das letzte Album. Und ich beschäftige mich jetzt mehr mit Psychic TV.
Literarisch und wenn du vielleicht Marc Almond/Soft Cell magst empfehle ich Marc Almonds Biografie „Tainted Life“. Er kannte die ganzen schrägen Vögel dieser Zeit und es ist eine wirklich tolle Biografie, die auch viel Bezüge zu Industrial Künstlern etc. der 80er hat.
--