Startseite › Foren › Das Radio-Forum › Roots. Mit Wolfgang Doebeling › 28.02.2010 › Re: 28.02.2010
Nein, CrazyBird, keine Hoffnung mehr. Die Bedingungen sind nicht mehr dieselben. Es hatte ja gute Gründe, leicht nachvollziehbare zudem, die 1965 zu einem Singles-Jahr ohnegleichen machten. Auch die Ursachen für die 45s-Renaissance der Jahre 1977-79 sind keine Mysterien. Heute fehlt dafür schon die Grundvoraussetzung: ein Plattenspieler in jedem Haushalt (auch wenn es inzwischen wieder erfreulich mehr sind als noch vor zehn Jahren). Immerhin gelang unter extrem erschwerten Bedingungen die kleine Renaissance von 1994-97 und die noch kleinere von 2006-08. Gerade letztere zeigt, wie anfällig die Mikro-Ökonomie individueller Singles-Produktion ist von funktionierenden Strukturen der Makro-Ökonomie. Die Ironie dabei: nicht der florierende Singles-Markt brach Pinnacle das Genick (im Gegenteil: ohne den Vertrieb hunderter kleiner Labels hätte man früher Konkurs anmelden müssen), es war vielmehr der Umstand, daß die Nachfrage nach CDs einbrach und man auf Millionen dieser miesen Dinger sitzenblieb. Besonders ärgerlich, wenn man gerade zwei riesige Lagerhallen hat bauen lassen mit so teurer wie ausgeklügelter Logistik für den CD-Vertrieb. An Mega-Stores, die es plötzlich nicht mehr gab. Aber zurück zu Deiner Frage: die nächste Renaissance wird noch kleiner, noch randständiger ausfallen als die letzte. Was nicht heißt, daß sie nicht wieder etliche Kleinode zutage fördern wird. „I just hope they’ll continue to put out 7inch vinyl“, schrieb John Peel vor 20 Jahren im Angesicht der drohenden Digi-Gefahr, „to see out my lifetime, you know“. Eine Hoffnung, die sich erfüllen sollte, leider.
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