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Declan MacManusNach einer wahren Begebenheit: Johann Rettenberger hat wegen versuchten Bankraubes im Gefängnis gesessen. Dort hat er jeden Tag auf einem Laufband und im Hof trainiert. Nach seiner Entlassung läuft er weiter und feiert einen Überraschungserfolg beim Wien-Marathon. Mit der stets gleichen Maskierung raubt er mehrere Banken aus. Er zieht bei einer Frau ein, die er von früher kennt, und beginnt eine Affäre mit ihr, bleibt aber distanziert. Derweil sitzt ihm sein Bewährungshelfer im Nacken.
Auch wenn der Plot danach schreit: „Der Räuber“ ist kein Thriller. Heisenberg inszeniert seinen Plot in klaren, ruhigen Bildern, ohne jede Anstrengung und Aufgeregtheit. Dabei gelingen ihm nebenbei ein paar großarige kleine Szenen (z. B. der Hund, der während eines Raubüberfalls in den Windfang am Eingang der Bank läuft, hinter der zweiten automatischen Schiebetür stehen bleibt, eine Weile Auge in Auge dem kurzzeitig irritierten Bankräuber gegenüber steht, sich dann umdreht und wieder nach draußen trottet). Doch so überzeugend der Film rein ästhetisch und im Kleinen sein mag – unterm Strich bleibt eine Enttäuschung zurück. Die Hauptfigur bleibt fremd. Rettenberger redet nur das Allernötigste, bleibt auch in der Affäre stets kühl und unberechenbar. Der Film erklärt diesen Mann nicht, der stoisch seine Ziele verfolgt. Aus dieser konsequenten Verweigerung einer Erklärung könnte „Der Räuber“ seine Stärke ziehen. Leider funktioniert das nicht. Denn während in Heisenbergs weitaus besserem Debütfilm „Schläfer“ die Ungewissheit thematisch notwendig ist und dem Film ihre Spannung verleiht (es geht um Denunziation und um Terrorfahndung in Deutschland), ist es dem Zuschauer bei „Der Räuber“ schlicht egal, warum Rettenberger so handelt, wie er handelt. Und das bekommt dem Film nicht gut. Heisenberg lässt Rettenberger rennen und rennen und rennen und man wartet und wartet und wartet, dass er endlich einmal genug gerannt ist. Der Showdown zieht sich am Ende so quälend lang hin, dass man geradezu erleichtert ist, wenn es endlich so gekommen ist, wie es kommen musste. Vielleicht war ich aber auch einfach zu müde.
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Seh ich größtenteils auch so. Die letzten fünf bis sechs Minuten fand ich dann aber wieder sehr stark. Dafür gibt es dann auch einen halben Stern mehr von mir.
VigoOberflächlich und eitel, reißerisch, achwas, teilweise einfach ziellos dumm zum vornkopfschlagen, ärgerlich, weil die Geschichte durchaus Potential hatte. Kam beim Publikum aber allgemein sehr gut an. („Ey lass uns auch mal irgendwie mit Kunst Kohle machen. – „was denn?“ „Keine Ahnung. Oder mit Kommerz, den mal als Kunst verkaufen kann.“) * 1/2
Hatte ich total übersehen. Danke für deinen Eindruck. Wenn die Gelegenheit besteht werde ich deine Warnung aber dann doch vielleicht in den Wind schlagen. Bin grundsätzlich dann doch zu gespannt darauf.
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