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Als sich Ende der fünfziger Jahre die Ästhetik des Jazz änderte, Miles Davis, John Coltrane, Bill Evans die atmosphärischen Meisterwerke schufen, die heute vielleicht als die zentralen Errungenschaften des Jazz gelten, machte Stitt nicht mit: Im wesentlichen soll jedes einzelne von Stitts (ca 150) Alben nur eine Sache beweisen, nämlich dass Sonny Stitt der verdammt nochmal beste Saxophonist der Welt ist. Viele seiner Alben, unter anderem die drei hier vorgestellten, sind Zusammentreffen mit anderen Saxophonisten – nicht deshalb weil zwei Saxophone nebeneinander so lieblich klingen, sondern weil ein Meister am klarsten zu erkennen ist, wenn neben ihm ein kompetenter Handwerker versagt. Diese sportliche Einstellung zu seiner Musik ist vielleicht zunächst befremdlich, implizit erwartet man von einem Bandleader, dass er sich darum kümmert, dass alles auf seinen Alben, in seinen Konzerten perfekt klingt; nicht dass er zum Beispiel bewusst Material auswählt, dem die Mitmusiker nicht gewachsen sind. Insofern ist es vielleicht hilfreich sich ins Gedächtnis zu rufen, dass Saxophonbattles eine lange Tradition im Jazz haben, dass die Jam Session Ästhetik, die ihre Wurzeln zum Beispiel im Kansas City Swing hatte, erst mit dem Hard Bop so richtig verdrängt wurde… und man könnte sicherlich versuchen zu behaupten, dass genau an diesem Wendepunkt Ende der fünfziger Jahre der Jazz seinen Rückhalt in der Black Community verloren hat (und nicht mit den Revolutionen von Bebop und Free Jazz), oder man könnte versuchen eine Brücke zur Hip Hop Kultur zu schlagen – aber für beides fehlen mir Zeit und wissen.
Ganz großartiger Text, redbeans, ich habe mal den Abschnitt zitiert, der mir am Wichtigsten erscheint und der mir Zusammenhänge vermittelt hat, die mir vorher nicht klar waren. Von Stitt kenne ich nur „Sonny Side Up“ mit Sonny Rollins und Dizzy, das ja auch so ein wenig aus dieser „Battle“-Tradition lebt (und im Penguin Guide abgewatscht wird). Ich mag es eigentlich sehr gerne, sicherlich kein Meisterwerk, aber sehr unterhaltsam. Ansonsten scheint Stitt bei jüngeren Hörern fast vergessen zu sein, man schaue sich nur die armselige Anzahl der Bewertungen bei RYM an. Und der Link zu „Jet“ ist auch hochinteressant, vielen Dank (auch an Thelonica, dessen Texte ich auch mit Freude lese)!
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.