Re: Sonic’s Singles Round-Up

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sonic-juice
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Ein paar besinnliche, erbauliche 45s für die Festtage…

The Van Dyke Parks: Number Nine / Do What You Wanta
(MGM 1301, 1965, UK)

Die Trompetenfanfare zu Beginn könnte man vielleicht noch als verlockendes Intro zu einem Soul-Groover („Harlem Shuffle“?) fehldeuten. Sobald aber die Band einsteigt und Parks das Hauptmotiv aus der „Ode an die Freude“ zunächst – „da da da…“ – andeutet, dann nacheinander deutsch und englisch intoniert, wird man auf seinem Single-Debüt in eine singuläre Klangwelt entführt, die mich, wie spätere Werke von ihm auch, sprachlos und staunend zurücklassen. Mit welchen Worten und Vergleichen soll man den Gesamteindruck beschreiben, der vor allem durch Parks sanfte Stimme, seine vermeintlich naive, jedenfalls mir völlig unironisch anmutende Melodieseeligkeit sowie der leichten, unaufdringlichen Intelligenz der Arrangements hervorgerufen wird? Umarmend und kaltschnäuzig zugleich.
Die psychedelisch angerockte, gleichfalls melodisch bezwingende B-Seite klingt zunächst konventioneller, gleichwohl steckt auch hierin mehr ungestümer (Irr)Witz, als die Charts erlaubten.

Lee Jones & The Sounds of Soul: On the Other Side / This Heart Is Haunted
(Amy 11008, 1968)

The Masqueraders: Wake Up Fool / Now That I’ve Found You
(Hi 2264, 1973)

Bei den Masqueraders handelt es sich um eine Vokalgruppe, die zwar nie den Status der Temptations, O’Jays oder Dells erreichte, es aber gleichwohl in zwei Jahrzehnten auf geschätzte 25 Singles und drei LPs brachte, bei Labels wie Wand, Amy, Bell und Hi unter Vertrag stand und mit Produzenten wie Chips Moman und Isaac Hayes arbeitete. Aufgrund der Qualitätsdichte ihrer Singles, insbesondere der exzellenten, gospelgeschulten Harmoniesätze und dem glücklichen Händchen für passende Songs habe ich schnell eine besondere Vorliebe für ihr Schaffen entwickelt – und um sich ihren Reiz zu erschließen, muss man nicht mal die (natürlich bestens investierten) 500 $ oder mehr für „Do you love me baby“ (Wand 1172) auf den Tisch blättern (mittlerweile auch als Reissue erhältlich). Aufgrund größerer Auflagen und weniger Northern Soul-Tanzbarkeit lassen sich diverse Perlen auch zu weitaus unaufgeregteren Preisen finden.

Im Jahr 1968, nachdem sie mit einer Handvoll Singles für das Detroiter Label La Beat keine durchschlagenden Erfolge hatten erzielen können, nahmen die Masqueraders in den American Studios, Memphis, unter Chips Moman mehrere Tracks auf, die dieser an verschiedene Labels verlieh. Aus diesen Sessions stammen die Aufnahmen „On The Other Side“ und „This Heart Is Haunted“, die sich das Label Amy sicherte und, um vertraglichen Probleme mit anderen zeitgleich veröffentlichenden Labels aus dem Weg zu gehen, unter dem Alias „Lee Jones & The Sounds of Soul“ veröffentlichte. Inhaltlich geht es bei „On the Other Side“ zwar nicht um Gottesfurcht, sondern um die fern jeder Metaphysik zu verortende Klage „you left me crying…“, Lee Jones singt diesen vermeintlichen Gospel indes mit solch beseelter, himmeljauchzenden Inbrunst, dass einem das „Hallelujah!“ vor Rührung ohnehin im Halse stecken bleiben würde.

Die beiden qualitativ nahezu ebenbürtigen Tracks („Now that I’ve Found You“ liegt bei mir vorne), die dann einige Jahre später unter der Ägide von Darryl Carter in den Hi Studios entstanden, stellten meine erste Berührung mit den Masqueraders dar und hatten mich umgehend für sie eingenommen. Die Kombination des typisch ausgefeilten Hi-Sounds mit den Vocals und Harmonien der Masqueraders, mittlerweile mit dem etwas weicher und höherlagig singenden Leadsänger Sam Hutchins an Stelle von Lee Jones, gelingt blendend. Die Produktion zeichnet sich durch von Hi gewohnte Eleganz und sanften Groove aus, klingt allerdings in meinen Ohren frischer und erverbundener als bei der oft feingeschliffenen Vokalakrobatik eines Al Green.

PS: Einen exzellenten Überblick über das Schaffen der Masqueraders mit Hörproben bietet die Seite Solidhitsoul.

Felice Taylor: It May Be Winter Outside (But In My Heart It’s Spring) / Winter Again
(President, PT 120, 1967, UK; in den USA auf Mustang 3024 erschienen)

Orchestraler Auftakt mit Schellenrasseln, dann ein treibender Motown-Beat, zuckersüße lead vocals, die einem auch bei “zero degrees” den Schweiß auf die Stirn treiben und andeuten, dass Felice nicht etwa Santa Claus entgegenfiebert („throughout my life / I had my share of guys / but he’s been the only one / who could make my temperature rise“), Engelschöre im Hintergrund, ein schneidiges Saxophonsolo… – kurz: einer der knuffigsten, schönsten Supremes-Tracks, den die Supremes nie gesungen haben.

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I like to move it, move it Ya like to (move it)