Startseite › Foren › Kulturgut › Das musikalische Philosophicum › It’s the song, not the singer? Moral und Musik › Re: It’s the song, not the singer? Moral und Musik
Go1Davon gehe ich aus.
![]()
Ich zähle mich zur Fraktion „It’s the song, not the singer“; ich pflege keine moralischen Vorbehalte gegen Künstler. Wenn ich mich an etwas störe, dann am Werk selbst, an dem, was ich der Musik anhöre, und nicht daran, was ich über die Künstler in der Zeitung lese. Okay, ich würde mir keine Platten von Faschisten kaufen, weil ich Leuten, die mir feindlich gesonnen sind, nicht auch noch Geld zukommen lassen will, aber ich sehe keinen Grund, ihren Werken von vornherein den künstlerischen Wert abzusprechen. Es stört mich allerdings, wenn „die Ideologie das Werk bestimmt“, wie es hier genannt wurde. Um nicht immer gleich von Faschisten zu sprechen, nenne ich mal ein ganz anderes Beispiel: Neil Youngs Album Living With War ist so dermaßen von Ideologie bestimmt, dass es mir die Freude an seinem Gitarrensound nimmt. Das betrifft nicht nur die Texte, sondern auch die Wahl der musikalischen Mittel, vor allem den Einsatz des Chors als „Stimme des Volkes“. Das Ergebnis ist für mich nicht anhörbar. Dieser politisch motivierte Fehltritt ändert aber nichts an meiner Wertschätzung des Künstlers Neil Young.
Und noch etwas anderes: Weil alex8529 wieder Unsinn geschrieben hat, will ich das nebenbei noch richtigstellen. Beim Stand der politischen Bildung heutzutage muss man auch elementare Sachverhalte erklären, und zwar am besten mehrfach. Der „Kommunismus“ kennt weder Herrenmenschen noch Untermenschen, sondern ist egalitär und allgemein. Die Differenzen, die er hervorhebt, haben mit angeblichen natürlichen Ungleichheiten unter den Menschen nichts zu tun, sondern betreffen gesellschaftliche Positionen – wie die Unterscheidung zwischen Ausbeutern, die andere für sich arbeiten lassen, und Ausgebeuteten, denen nichts übrig bleibt als für die Bereicherung anderer zu arbeiten. Die Ungleichheit solcher Stellungen und Rollen soll nicht gerechtfertigt werden, sondern abgeschafft – damit alle dazu beitragen, die nützlichen Dinge herzustellen, die gebraucht werden, um die Bedürfnisse aller zu befriedigen. Und wenn in Teilen der Arbeiterbewegung ein „Proletkult“ getrieben wurde, so mag das lächerlich gewesen sein und Kitsch erzeugt haben, aber mit Herrenmenschenideologien hat es nichts zu tun. Solche Feinheiten passen aber wohl nicht in das Weltbild eines fanatischen Antikommunisten. (Den russischen Physiologen Pawlow als „Künstler“ zu bezeichnen, sollte wohl ein „Scherz“ gewesen sein. Selten so gelacht.)
Zu Neil Young: Als jemand, der die Bush-Jahre auch teilweise in Amerika durchlitten hat, kann ich nur sagen, dass mir gerade gegen Ende seines Regimes die aggressivste Propaganda gegen Bush stets willkommen war. Natürlich trägt Neil Young auf „Living With War“ dick auf, aber bis zu einem gewissen Teil stellt er nur klar, dass er sich nicht von der „Republican hate machine“ unterdrücken lassen will. Als jemand, der miterlebt hat, wie widerstrebende Meinungen in dieser Zeit in den USA unterdrückt, marginalisiert und niedergemacht wurden, habe ich jedenfalls allergrößtes Verständnis, dass Neil Young hier mit großen Geschützen antwortet.
Es stimmt natürlich, dass der Kommunismus in der Theorie die Gleichheit der Menschen will, ja sie (in Form des Marxismus) als Endzustand der menschlichen Geschichte in Form der klassenlosen Gesellschaft sogar vorhersagt. In der praktischen Umsetzung führte der Kommunismus aber zu einer Form der Diktatur, in der vielerorts allerschlimmste Personenkulte betrieben wurden. Schon Zeitgenossen von Marx haben darauf hingewiesen, dass der Kommunismus aufgrund seiner Religionsähnlichkeit zum Personenkult neigt.
Saarah
Ansonsten bringt dieser Thread mir jetzt nichts mehr. Wenn man sich schon wieder die Zeit nimmt, andere wegen was anzumachen, was einen nicht mal selbst betrifft, dann kommt da wahrscheinlich eh nicht mehr viel neues.
Saarah, in diesem Forum musst Du Dich damit abfinden, dass auch Kritik von Dritten kommen kann, die sich „einmischen“, um Dich zu kritisieren oder Dir zuzustimmen. Um einen reinen Dialog ohne Einmischung von außen zu führen gibt es andere Möglichkeiten. Ich sage Dir das nur, weil Du noch neu bist. Go1 hat sich übrigens nicht beleidigt gefüht, sondern war lediglich genervt.
--
Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.