Re: Country – eine reaktionäre Musik?

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tolomoquinkolom

Registriert seit: 07.08.2008

Beiträge: 8,651

Es handelt sich um ein Missverständnis. Wir interpretieren C&W auf unterschiedliche Weise. Ich erkenne, dass dies an mir liegt. Für mich besteht C&W nur aus Hillbilly, singenden Cowboys, Western Swing und Bluegrass. Mit anderen Worten: Johnny Cash, Waylon Jennings oder Hank Williams sehe ich nicht als C&W, Bill Monroe, Roy Rogers oder Tex Ritter dagegen schon. Mir ist klar geworden, dass man das auch anders sehen kann.

Whole Lotta Petetolo, ich glaube du schreibst dich hier um Kopf und Kragen. Deine recht grob zusammengestiefelten Bemerkungen, dass Country&Western Music der stumpfe Sound der Ausbeuter ist, wird ohne Zweifel nicht unwidersprochen bleiben. Selbst als Nicht-Fan springt einem diese extrem verkürzte Darstellung schnell ins Gesicht.

Auf die Grobheit der provozierenden Bemerkung habe ich selbst hingewiesen, sehe aber ein, dass ich da wohl zu sehr verkürzte. Ich habe allerdings nichts von stumpfem Sound geschrieben. Die polemische Überspitzung ‘Ausbeuter und Anschaffer’ bezog sich auf das soziale Verhältnis zwischen Weißen (Farmbesitzern) und Schwarzen (Baumwollpflückern) in den Südstaaten der USA (und das vor 1954); auch im Zusammenhang mit der dort praktizierten Segregation. Das Fehlen schwarzer C&W Helden deutet darauf hin, dass dies eine Veranstaltung weißer Amerikaner war. Die KKK-Epigonen hörten jedenfalls sehr gerne C&W.

Herr RossiDas ist nicht „grob formuliert“, sondern schlicht falsch.

Ja. Das war nicht korrekt, da der gedachte aber nicht geschriebene Zusammenhang fehlt. Wie oben bereits angemerkt, meinte ich mit Ausbeuter und Anschaffer weiße Farmbesitzer (als Gegenpol zu schwarzen Baumwollpflückern und als Teilaspekt in dieser C&W-Betrachtung).

Herr RossiWas Du so schreibst, liest sich wie am anti-amerikanistischen Stammtisch zusammenfabuliert. Dass Du Dich mit der Musik, über die Du so wortgewaltig urteilst, und ihren historischen Kontext wirklich beschäftigt hast, geschweige denn sie gehört hast, glaube ich Dir nicht.

Das stimmt nur zum Teil. C&W zählt nicht zu meinen umfassenden Beschäftigungen mit Musik und ist für mich auch keine entscheidende musikalische Phase gewesen; diese Musik ist auch die zeitlich von mir am entfernteste. Durchs Hören und durch Lektüre hat sich dennoch eine Meinung gebildet. Die kann Fehler haben (es ist eine Meinung und kein Urteil) und dazulernen ist eine schöne Erfahrung. Das was ich als C&W bezeichne (siehe oben) gefällt mir nicht, da es eine Musik der Ausgrenzung ist, an der eine bestimmte Bevölkerungsgruppe nicht teilnehmen darf oder kann.

Der antiamerikanische Stammtisch-Vergleich hat mir nicht gefallen.

Herr RossiUnd was bitte war der Blues?

Blues entstand [nach meiner Meinung] nicht als Tanz- bzw. Unterhaltungsmusik, sondern war zunächst die weltliche Seite von Gospel und Spirituals der Schwarzen Amerikas. Ich deute den frühen Blues als (amerikanischen) Folk der Schwarzen, der gleichermaßen auch Weiße ansprach, die ihn auch schnell selbst und überzeugend spielten. Blues und Folk sind interessantere Genres als C&W und auch ernsthafter. Es sind im Gegensatz zu C&W Lieder über den Bürgerkrieg, Arbeiter-Songs, Balladen und keine (wie es Barry Graves einmal formulierte) ‘kleinbürgerlichen Lieder von Menschen, über Menschen, für Menschen im Bermuda-Dreieck von Bar, Bett und Baseballplatz’.

Whole Lotta PeteVielleicht können wir vorerst diesen Teil der Diskussion stoppen, da es ohnehin in eine andere Richtung führt. Die Ansätze sollten ja doch auch einen Versuch der Erklärung bilden, warum sich schwarze Künstler möglicherweise davon fernhalten. Insofern könnte es soweit meinetwegen stehen bleiben. Dann aber jetzt bitte wieder weiter zur Frage.

Zurück zum schwarzen Rock’n’Roll …

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