Re: Peinlich berührt – Deutsche Texte unter der Lupe

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Natürlich gibt es auch beim Kitsch Spielräume für subjektive Deutungen, die Interpretation von Kunstwerken ist nun mal keine exakte Wissenschaft, bei der sich „richtig“ und „falsch“ errechnen lassen. Und so ist für den einen „Kitsch“, was für den anderen „echter, bewegender Gefühlsausdruck“ ist. Klar.
Aber das sollte uns nicht daran hindern, Definitionen zu entwickeln, um des Phänomens Kitsch habhaft zu werden. Denn wie sollen wir sonst vernünftig miteinander reden? Wenn wir uns damit begnügen, dasss „sowieso alles subjektiv“ ist, dann erübrigt sich jede Auseinandersetzung über Kunst.
Also – eine Definition von Kitsch könnte lauten: Kitsch ist Gefühl als Klischee.
„Die Spitze des Eisbergs“ war mal ein schönes Sprachbild, durch vielfachen Gebrauch ist es aber zu einem abgegriffenen Klischee geworden. Mit Kitsch haben wir es aber erst zu tun, wenn ein Klischee (also etwas ganz Unindividuelles, Vorgeprägtes) eingesetzt wird, um dem angeblich ganz Individuellen, total Authentischen einen Ausdruck zu verleihen.
Beispiel: Gefühlszustände mit Jahreszeiten gleichsetzen. „Seit Du mich verlassen hast, herrscht in meinem Herzen Winter. Wann wird es je wieder Frühling werden?“
Da hätten wir ihn: den Kitsch.

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