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Aus Tip Berlin
Die neue Bob Dylan-LP: „Together Through Life“
Traurige Liebeslyrik zu Blues, Boogie und Cajun-Stomps.
Er mag in den 80ern nur Dubioses und Deplorables abgesondert haben, doch seit fast 20 Jahren ist Bob Dylan auf Platte wieder eine verlässliche Konstante auf hohem Niveau. „Together Through Life“ bestätigt das kreative Dauerformhoch eindrucksvoll, mit verschwenderischem Melodienreichtum und dunklem Blues, Boogie-Burlesken und Texmex-Etüden. Die Songtexte sind ungewohnt leicht im Sinne geringerer Metapherndichte und Mythenschwere, was daran liegt, dass Dylan sie nicht allein schrieb, sondern mit dem Grateful-Dead-Alumnus Robert Hunter. Es geht zuvorderst um die Liebe und ihre Mesalliance, das Leben, um den Preis der Treue und den Schmerz des Verlassenwerdens. Gesungen in einer Stimme, die nur wenig hat von der raspelnden Präsenz und Schärfe aktueller Live-Darbietungen, die verletzt klingt, beinahe weich. Wie Dylan die bergige Melodieführung des todtraurigen „Life Is Hard“ bewältigt, hat etwas Anrührendes. „My dreams are locked and barred“, weint er im Duett mit der Pedal-Steel, „admitting life is hard without you near me“.
Auch die Musik ist ungleich farbiger und konturierter als das ereignislose Geschrubbe, mit dem dieselben Musiker als Touring-Band langweilen. Freilich spielt David Hidalgos Akkordeon eine führende Rolle in der Song-Inszenierung, sorgt für Norteño-Kolorit oder kreolischen Juke-Schwung, während Banjo, Mandoline und Trompete Licht- und Schattenspiele veranstalten. So viel Impuls, so viel Gefühl. Nur Jack Frost, Bobs Alter Ego im Produzentensessel, trat im Mix alles zu breit, trennte die Instrumente zu säuberlich, wo doch eine mittigere, monokernige Klangphalanx entschieden mehr Druck und Dringlichkeit hinter die Arrangements gebracht hätte.
Am Ende wird es sarkastisch, es riecht nach politischem Dissenz, doch wird der nicht dingfest gemacht, bleibt in Unmut stecken. „Big politician telling lies/Restaurant kitchen, all full of flies“, mault Dylan im ruppigen, „Hip Shake“ evozierenden „It’s All Good“, jedoch, was soll’s: „Don’t make a bit of difference.“
Text: Wolfgang Doebeling
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