Re: Bob Dylan – Together Through Life

#7031553  | PERMALINK

nikodemus

Registriert seit: 07.03.2004

Beiträge: 21,307

Einer muss ja anfangen:
Ich freue mich auf den dritten und vierten Durchgang, wenn „Together Through Life“ seine volle Wirkung entfaltet hat. Wie überall beschrieben ist „TTL“ seine Mexico-Lateinamerika-Tex-Mex-whatever-Platte mit viel Akkordeon und Blues-Gitarre, alles klingt feucht und heiß, schwitzig und stickig und Dylan erfindet wieder einmal eine neue Maske: der Opa im Schaukelstuhl.

Die Lyrics sind sicher wieder großartig, drunter macht’s der Meister ja auch nicht. Nur was fehlt sind memorable Melodien, Biss und – zumindest im Vergleich zu den Vorgängern – Schmiss und Swing. Gelungen ist das tiefe, fast geflüsterte „Life Is Hard“ und der Chess-Records-Hommage „My Wife’s Home Town“, wo man wieder prima Muddy Water’s „I Just Wanna Make Love To You“ drüber singen kann (Überraschung, Dylan teilt sich die music-credits sogar mit Willie Dixon). Das Akkordeon-Riff in „If You Ever Go To Houston“, welches 6 Minuten variationslos wiederholt wird, nervt schon beim ersten mal hören und lenkt vom Dylans buchstäblichem Krächzen. Apropos Stimme, die klang mir auf „Modern Times“ besser, deutlicher, prononcierter, wobei diese Verschmelzung von Stickluft und Dylans Patinarasseln wohl gewollt ist.

„Forgetful Heart“ und „Jolene“ sind durchschnittliche Blues-Stücke, letzteres etwas stärker mit einem netten Gitarrenriff. Dann, endlich, Willi Winklers Tip, der ultimative Höhepunkt von Dylans bester Platte seit 30 Jahren (sic) – „This Dream Of You“, ich befinde mich mitten in einem Spaghetti-Western und höre einem alten Mann zu, wie er seiner Liebsten beschwört, inklusive schlechtem Gefiedel. Es fehlen nur noch die Kellner, die im Background O sole mio grölen. Puh, das war nichts. Da freut man sich schon auf mehr auf „Shake Shake Mama“, ein lospolternder Blues mit wenigstes etwas Biss. Viel besser wird es nicht mehr, „I Feel A Change Comin‘ On“ hat eine nette Melodie, einer der besseren und wenigen des Album. „It’s All Good“ fasst dann nochmal alles prima zusammen.
Auf „Together Through Life“ fehlen mir die Melodien und die passende Umsetzung. Vielleicht kann ich dieses TexMex-Tequila Gefühl auch nur nicht aufsagen, bis jetzt tat sich da wenig. Wie Willi Winkler das alles ernsthaft über das gespenstische „Time Out Of Mind“ und das wandelnde Geschichtsbuch „‚Love & Theft'“ stellen kann, wird mir nach dem ersten 1-2 Hören noch nicht klar.
Ganz toll jedoch: das Backcover, optisch gibt’s jedenfalls nicht zu meckern.

--

and now we rise and we are everywhere