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Felt – The Strange Idols Pattern and Other Short Stories
Es macht sicherlich Spaß über Felt zu schreiben, denn alles was ich bisher über Felt gelesen habe lässt eine Zufriedenheit erkennen, dass man auf diesen sanft und trotzdem rau glitzernden Diamanten von Popmusik gestoßen ist. Nun denn, ich werde mich also ebenso an einem Text über die Gruppe um Lawrence Hayward versuchen, auch wenn ich in den letzten vier Jahren seit meiner doch recht unsäglichen Justice Rezension nicht mehr wirklich über Musik geschrieben habe (sehet dies als Warnung oder als schlappe Ausrede an). Felt ist wohlmöglich kein absoluter Geheimtipp und wird sicherlich vielen Lesern hier geläufig sein. Dennoch wage ich zu behaupten, dass man dieser Band nicht einfach so über den Weg läuft und ein intensiverer Blick über den Tellerrand von Nöten ist um sie für sich zu entdecken. Nun muss ich zugeben dass dieser Durst den neuesten beziehungsweise ältesten heißen Scheiß zu suchen um sich schließlich in ihm wiederzufinden, bei mir seit der Volljährigkeit extrem nachgelassen hat. In meiner uralten Review zu Push Barman to open old Wounds schien meine wachsende Ermüdung mit der absoluten Identifikation und Hingabe zur Popmusik vielleicht bereits durch und tatsächlich bin ich seit jener Tage nicht unbedingt entdeckungsfreudiger geworden. Wird man nun wirklich erwachsen? Hat man einfach erkannt dass ein Leben in dem man sich mit jedem neu entdeckten hinreißenden Popsong neu verliebt einfach nicht nachhaltig ist? Ist mir bewusst geworden, dass die Stimme aus den Boxen die über Vereinsamung und Liebeskummer klagt vielleicht nicht das beste Vorbild für ein Leben geprägt von emotionaler Stabilität ist? Ja, vielleicht kann ich es mir nicht mehr leisten ein Leben wie im Lovesong zu führen, und doch bin ich immer wieder zurückgekehrt. Ich bin zurückgekehrt an Punkten an denen man sich nach dem alten musikalischen und lyrischen Balsam sehnt und die Sachen die man jetzt mal so hört vielleicht unterhalten, gar begeistern, aber nicht den seelsorgerischen Auftrag wahrer Lieblinge erfüllen können. In solchen Momenten höre ich Felt und in solchen Momenten bin ich dankbar mir irgendwann mal die Mühe gemacht zu haben solche Musik zu suchen und zu finden.
Felts Musik wohnt etwas ungemein Privates inne. Auf The Strange Idol Pattern janglen die Gitarren zärtlich um die Wette und Lawrence neigt dazu so manches Wort dem Hörer verführerisch ins Ohr zu hauchen (höre Crystal Ball). So kriege ich stets das Gefühl, dass ich wohl der Einzige auf diesem Planeten sein könnte der gerade in den Genuss dieser Musik kommt. Folgerichtig meine ich Felt noch nie mit einer anderen Person sondern immer nur alleine gehört zu haben. In meinen Augen ist es vor allen Dingen die perfekte Symbiose aus Maurice Deebanks virtuosem Gitarrenspiel und Lawrences Songwriting, die diese verwunschene Heimlichkeit ausstrahlt. Dementsprechend bin ich auch ein größerer Fan der Deebank/Cherry Red Ära der Band, auch wenn mir die späteren Creation-Sachen trotz allem sehr gut gefallen. Obwohl das Songwriting vor allem auf Forever Breathes the Lonely Word weiterhin grandios ist, erzielt für mich der neue Sound einfach nicht die gleiche emotionale Resonanz, wie das Deebanksche verspielte auf-und-ab Gegnidel. Während auf dem großartigen Crumbling the Antiseptic Beauty neben den hinreißenden Melodien vielleicht noch ein wenig die Substanz und der Drive fehlte, erreicht Strange Idol Pattern in meinen Augen nahezu Perfektion. Die Musik ist auf eine ähnliche verträumte Art poppig wie die anderer 80s-indie-Bands und wirkt dennoch irgendwie aus der Zeit gefallen und so einzigartig, dass man Felt nicht unbedingt mit Gruppen wie The Pastels vergleichen kann und will. Deebanks Gitarre ist so klar, fragil, stark, und einfach umwerfend, dass man sämtliche Labels wie Indie, Twee und sogar Rock und Popmusik vergessen möchte, denn das hier ist einfach nur Musik in ihrer simpelsten Schönheit und Brillianz. Vor allem die Instrumentals (leider wurde Crucifix Heaven auf meiner Reissue-CD nicht berücksichtig) zeugen von Deebanks außergewöhnlichen Fähigkeiten und seiner klassischen Ausbildung an der Gitarre. Lawrence Stimme ist wohl alles andere als klassisch geschult, dennoch findet sie den direkten Weg zu meinem Herz, denn sie ist auf widersprüchliche Art und Weise vertraut und trotzdem leicht distanziert, und gibt in ihrem Klang den arg melancholischen Arrangements und Texten oftmals eine angenehme ironische Note. Die großartigen Lyrics, die von Verzweiflung, Liebe und Verlust berichten, treffen ohnehin einen stark ausgeprägten sentimentalen Nerv in mir. Und somit bietet Felt ein delikates Musikerlebnis, dass mich absolut stolz und glücklich macht mich so intensiv mit Musik beschäftigt zu haben, dass ich auf sie gestoßen bin. Auch wenn ich oft in den letzten Jahren gedacht habe, dass ein Leben als Musikenthusiast, doch wahnsinnig anstrengend sei, repräsentiert Felt für mich doch alle Vorteile des Popeskapismus. Ja, es lohnt sich zu stöbern und mitzufühlen auch wenn es die Stimmung einstweilen drücken kann. So werde ich mich weiterhin in diesen sanften Tönen geborgen und verstanden fühlen, und der Gedanke wird mir kommen: ‚Das hier ist nicht für alle anderen. Das hier ist für mich.‘ Und was kann es schließlich Schöneres geben?
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Und ich liege im Bett und ich muss gestehen ich habe große Lust mich noch mal umzudrehn