Re: Bap, 26.12.08, Köln

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stillstand

Registriert seit: 08.07.2002

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Ich glaube, Otis hat Niedecken gründlich missverstanden. Erstens bin ich ziemlich sicher, dass der sich nie bei einer wie auch immer gearteten „Jugend“ einklinken wollte. Was ist das überhaupt: einklinken? Selbst wenn es um Jugend in seinen Songs ging („Diss Naach is alles drin“), war immer eine erwachsene Erzählperspektive da. Und Niedecken war auch nie wirklich ein Sänger politischer Plakate (ausser vielleicht „10. Juni“). Sondern ein Geschichtenerzähler, der es in seinen besten Momenten schaffte, Personen, Schicksale oder auch Geschichte auf drei Minuten zu verdichten, wo andere einen Roman gebraucht hätten. Manchmal kommt mir auch der Anspruch an einen Sänger wie Niedecken so überzogen vor wie der, den Dylan Fans in den 60ern an ihr Idol hatten. In Chronicles ist einmal die Rede davon, wie Dylan sich über die Leute wundert, die in seinem Vorgarten stehen und ihn auffordern, in die Politik einzugreifen. Und er trotzig darauf besteht, er sei ein Sänger, weiter nichts. Klar sehe auch ich: manchmal greift Niedecken zu kurz, wenn er etwa in „Kron oder Turban“ quasi im Handstreich alle Weltreligionen zu Brüdern macht – mag man ihn als Multikulti Schwärmer abtun. Aber gerade wenn man das tun will, verbringt man mal einen Abend oben bei Sacre Coeur in Paris, wo sie alle friedlich nebeneinander her musizieren, dei Muslime, die blassen Europäer, die Rednecks, und man glaubt wieder: Lass dem Mann doch seinen Idealismus.
Die Musik von BAP war dabei immer das, was in einem Proberaum entsteht, wenn Leute zusammen musizieren, deren musikalische Wurzeln gefühlt in Amerika liegen, und zwar weit vor dem, was in Deutschland jemals Trend war oder ist. Das mag vielleicht Herrn Heuser interessiert haben, aber WN eher nicht. Und wo berichtet in diesem Thread jetzt eigentlich mal jemand über das Konzert, um das es eigentlich geht?

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