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SantanderHabe den RS während einer langen Zugfahrt durchgearbeitet, zuerst das schöne Oasis-Special (WDs Ranking und vor allem die Kommentare dazu großartig, ebenso seine Konzert-Erinnerungen).
BvSB darf sich schon ein wenig Selbstinszenierung und Narrenfreiheit erlauben. Mich hat er mehrere Male zum Lachen gebracht, obwohl ich das gar nicht erwartet hatte. Habe mir die ganze Zeit über vorgestellt, was Grönemeyer und Westernhagen wohl denken, wenn sie diesen Aufsatz lesen. In meinen Augen hat er sie doch – obwohl das sicher nicht unbedingt seine Absicht gewesen sein mag – voll lächerlich gemacht, allein schon durch das Zitieren dieser dämlichen Textzeilen. Und dann auch noch das Cover mit den „Sonderfarben“ und Westernhagens „erstes Mal“. Auch kann ich mir niemanden vorstellen, der nach dem Lesen dieses Textes noch große Lust hat, sich eine dieser schrecklichen Best-of-CDs zuzulegen. – Ansonsten war es auch ein hervorragender, vielleicht der beste Beitrag zur Nostalgie-Diskussion hier im Forum.
Einerseits möchte ich Dir zustimmen – andererseits fühle ich mich immer komisch, wenn ich seine Artikel lese. Das Interview mit Kluge ist gut, wohingegen mich der Gröne/Western-Artikel etwas ratlos gemacht hat. Ja, S-B schreibt unterhaltsam und weiß durchaus, wovon er redet. Nur: Steht der Aufwand im Verhältnis zum Ertrag?
Wenn ich seine Artikel lese, dann muss ich an die mäßig lustigen deutschen Comedians denken, die schon irgendwie wissen, was Humor ist, aber nicht in der Lage sind, dort hinzugehen, wo Humor gefährlich ist, dort wo die Fallen lauern, dort wo man sich die Finger verbrennt. S-B traut sich auch nichts. Man kann den Artikel sowohl als Westernhagen-Fan, wie als Westernhagen-Verächter lesen und sich dann bestätigt fühlen.
Insofern passt das durchaus zum beklagenswerten Mittelmaß des Deutschrocks insgesamt. Weder Grönemeyer noch Westernhagen sind besonders inspirierende Persönlichkeiten – die Katsche Schwarzenbecks der Popmusik sozusagen. Ich will eigentlich gar nicht wissen, wie die leben, was die planen und was die denken und ein solcher Artikel bestätigt mich nur in meinem Urteil.
Bedauerlich ist aber, dass die ganzen wirklich interessanten Geschichten, von denen es viele gibt, unerzählt bleiben. Sicher, das wären Geschichten über Künstler, die wirkliche Mühe erforderten und man nicht in der kuscheligen Lounge eines Hotels recherchieren könnte. Und man könnte sie schon gar nicht, im schulterklopfenden Gagstil des Berufsjugendlichen erzählen. Aber sie wären vermutlich wesentlich interessanter.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.