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KnuffelchenDie gemeinsame, ablehnende Haltung gegenüber Enge, starren, althergebrachten Normen und Statussymbolen.
Es gibt einen entscheidenden Unterschied: Punks wollten nie etwas erreichen, es gab kein Ziel, nicht einmal eine Zukunft. Hippies und Peace-Movement wollten dagegen die Gesellschaft ändern, in der sie leben sollten. Ein gewaltiges Ziel.
Bender RodriguezEs geht die Legende um, daß das eigentliche Punkmovement, das Mitte der Siebziger begann, eine Erfindung von freakigen Althippies gewesen wäre. Eine neue Toughness war das Gebot der Stunde. Da konnte und wollte natürlich kein „richtiger“ Hippie mehr mithalten. Die Provokationen der neuen Jugendkulturen waren nicht nur auf Abgrenzung bedacht, sondern auch auf (oftmals geschmacklose und schockierende) Provokation aus. Damit gaben sie allen Hippiebestrebungen den finalen Todesstoß – und sämtliche eventuell noch bestehenden Verbindungen in die Hippieära wurden (vorerst) folglich gekappt.
Tough war hier gar nichts. Ich erkenne höchstens eine armselige Selbstaufgabe. Die Haltung war eine Anti-Haltung. Welche gesellschaftliche Veränderung hat Punk hinterlassen? Wer dagegen einmal darüber nachdenkt, was Hippies und Studenten mit Blumen und Demonstrationen anschoben, wird feststellen, das dies einen ganz anderen Stellenwert hat, als ‘No Future’ , Wangennadeln und Irokesenfrisur.
Die friedvolle, vielleicht auch naive Hippiebewegung (’Love & Peace’) führte direkt in die Friedensbewegung gegen den Vietnamkrieg (‘Make love not war‘) und zu den Studentenunruhen an amerikanischen Universitäten. Junge Studentinnen und Studenten, die an der Kent State University gegen den Krieg demonstrierten, wurden damals von der Nationalgarde erschossen.
[siehe Allison Krause]
http://www.findagrave.com/cgi-bin/fg.cgi?page=gr&GRid=6438617
Der Einsatz war also sehr hoch, es galt eine Gesellschaft zu verändern. Was meiner Meinung nach auch geschah, aber heute nicht mehr bewusst wahrgenommen wird.
Wenn hier im Thread dann eine recht oberflächliche Verbindung zwischen Punks und Hippies (bzw. deren Nachfolgern) gezogen wird, gefällt mir das nicht besonders. Ich kann keinerlei Einsatz für irgend etwas erkennen, wenn in der pessimistischen Punk-Subkultur mit ausschließlich modischer Ausgrenzung, Provokation und dem totalen Ablehnen der Gesellschaft auf etwas reagiert wird. ‘No Future’ als gegenkulturelle Botschaft finde ich erbärmlich.
Interessant fände ich, wenn hier einige überlebende Hippies, die zwar vielleicht nicht mehr so aussehen, im Kopf aber noch immer ‘Love & Peace’ herumtragen (und vielleicht auch noch praktizieren) ein bisschen was beitragen könnten.
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