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Wolfgang Doebeling Mir ging es um die Frage, warum sich gewisse Leute zu Musik bekennen, ja sich an sie klammern, obwohl sie um deren Erbärmlichkeit wissen (müßten). Als Soziologe, halber oder ganzer, wirst Du solchem Selbstbetrug nicht auf die Schliche kommen können, fürchte ich. Wahrscheinlich eher ein Fall für die Psychoanalyse.
Nachdem nun etliche Tage ins Land gingen, nun mal zur letzten Bemerkung mit der Psychoanalyse. Vielleicht können wir ja doch irgendwann Dein Rätsel knacken.
Ich meine es hilft nicht weiter, wenn jeder über sich selbst schreibt, aber es gibt ja Hans Mustermann. Ja, der Hans Mustermann hat in seiner Jugend sonntags aus Langeweile Sissi-Filme gesehen und Groschenhefte gelesen. Diskutiert über Sissi oder Perry Rodan wurde jedoch kaum. Ich habe Hans Mustermann nie darüber reden hören als er noch jung war. Über Musik sehr wohl. Ich brauche nicht näher ausführen, dass hier schon immer parallele Lager gab. Auch mit diesen hat Hans Mustermann gesprochen, sich getroffen, Schallplatten ausgeliehen usw. Und wenn man jahrelang, womöglich ein Jahrzehnt lang, sich meinungsmäßig positioniert, der bleibt in der Regel aus Gründen der Selbstachtung dabei diese Ansichten nicht einfach so abzustreifen.
Bei Film und Groschenhefte hat sich Hans Mustermann wertend weniger häufiger positioniert. Deshalb verfolgen ihn auch nicht entsprechende Jugendliebschaften. Der Hans muss hier Dritten gar nicht begründen, warum ein Meinungsumschwung vorging. Bei Musik hätte er diese unangenehme Aufgabe. Deshalb weicht er aus.
So das war in Kurzform die psychoanalytische Variante. In einigen Tagen kann ich noch eine evolutionstheoretische anreissen. Dann kannst Du bewerten, ob alles ein Schmarrn ist oder die Wahrheit in der Mitte liegt oder ganz wo anderes.
Gespannt.
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